Feigen zählen zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Ursprünglich kommen sie aus Kleinasien und werden wohl schon seit über 6'500 Jahren angebaut. Um den Feigenbaum, seine Früchte und Blätter ranken sich seit jeher unzählige Mythen und Legenden.
So wurden der Frucht im alten Ägypten heilende Kräfte nachgesagt. Andere antike Kulturen verehrten sie als Symbol der Fruchtbarkeit und Sexualität. Glaubt man den alten Griechen, so soll sie gar aphrodisierend wirken. Und auch in der Bibel findet sie ihren Platz – sogar als erste erwähnte Pflanze überhaupt: Denn als Adam und Eva ihre Nacktheit verbergen wollen, was nehmen sie da wohl? Richtig, ein Feigenblatt.
Der Mythos um die Feigenwespe
Heute hält sich vor allem ein Mythos wacker. Und zwar, dass in der Feige eine tote Wespe steckt. Aber ist das wirklich so? Jetzt müsst ihr ganz stark sein, denn streng genommen lautet die Antwort: Ja.
Und hier kommt die Erklärung: Feigen sind nämlich keine Früchte, sondern ein nach innen gestülpter Blütenstand. Sie bestehen also aus vielen Einzelblüten. Wer sich mit Botanik auskennt, wird sich jetzt fragen: Wie können Blüten im Innern eines Hohlraums bestäubt werden? Und hier liegt der springende Punkt. Die echte Feige, die wir im Normalfall kaufen und essen, hat nämlich nur weibliche Blüten. Für die Bestäubung braucht es deshalb zusätzlich eine männliche Bocksfeige und eine Feigenwespe.
Trifft die weibliche Wespe auf eine männliche Bocksfeige, kriecht sie in den Hohlraum, legt ihre Eier ab und verlässt ihn dann wieder. Aus den Eiern schlüpfen später neue Wespen. Kriecht sie aber versehentlich in die kleinere, weibliche echte Feige, verliert sie im schmalen Zugang ihre Flügel. Sie befruchtet zwar die Blüte – was für die Reifung der Essfeige wichtig ist – kann aber die Eier nicht ablegen und steckt erst noch fest. Sie verendet in der Frucht.
Sind Feigen also gar nicht vegan?
So viel vorweg: Diese Frage können wir euch nicht beantworten. Denn auch wenn ziemlich sicher in jeder Feige eine tote Wespe steckt, finden wir sie nicht. Sie wird durch die Pflanzenenzyme vollständig zersetzt. Und hier liegt das Problem: Ist eine Feige mit einer komplett verdauten Wespe nun vegan oder nicht? Zumal man ja auch bei anderen Obst- und Gemüsesorten mit Rückständen von Insekten rechnen muss.
Wir finden deshalb: Das muss jeder für sich entscheiden. Für alle, die aber auf Nummer sicher gehen wollen, haben wir noch eine gute Nachricht: Es gibt Feigensorten, die sich selbst bestäuben – und ergo auch ohne Wespenhilfe auskommen. Dazu zählen zum Beispiel die Dalmatie, die Brown Turkey oder auch die Dauphine. Wer selbst einen Feigenbaum züchten will, muss so oder so auf die wespenfreie Alternative setzen. Denn in unseren Breitengraden gibt es keine Feigenwespen.