Jahrhundertelang galt weibliche Lust als Tabu. Etwas Verbotenes, Schmutziges, das, wenn überhaupt, nur hinter verschlossenen Türen stattfand. Doch mit immer mehr Frauen, die für ihre Rechte einstehen, kam auch der Schrei nach einem offeneren Umgang mit Sexualität – und langsam aber sicher tut sich etwas. Frauen tindern wie wild und machen keinen Hehl daraus, die Menschheit lernt, dass die Vagina mehr als nur eine Gerätschaft zum Geschlechtsverkehr ist und Sexstoys werden als Lifestyleprodukte vermarktet, die mitten am Tag offen im TV beworben werden. Hallelujah. Ganz offensichtlich ist es an der Zeit sich zu fragen, was die Zukunft bringt. Und genau das haben wir gemacht. An der SxTech in Berlin haben sich einen Tag lang Experten der Branche versammelt und gemeinsam diskutiert, wie die Technik und das Internet unser Sexleben revolutionieren werden. Spoiler: sehr zum Guten.
Ruhig Blut, nicht gleich ausrasten, denn das Bild, das ihr gerade in eurem Kopf habt, ist grundlegend falsch. Woher wir das wissen? Uns ging es genauso. Gründerin Emma Sayle hat es sich mit Killing Kittens zur Aufgabe gemacht, Sexparties zu etwas zu machen, zu dem man tatsächlich hingehen möchte. Keine dreckigen, alten Whirlpools, zu oft benutzte Laken und Menschen, mit denen wir garantiert keinen Geschlechtsverkehr haben wollen. Stattdessen ein sicherer Rahmen, in dem wir uns sexuell entfalten können, und alles selbst in der Hand haben. Im exklusiven Netzwerk können sich nur Frauen anmelden, alle müssen vorher einer Überprüfung standhalten. Männer dürfen höchstens als Gäste dabei sein und nie den ersten Schritt machen. So wird sichergestellt, dass niemand zu etwas genötigt wird, dass er nicht möchte. Statt in ranzigen Hinterzimmern finden die Events in exklusiven Wohnungen an verschiedenen Orten statt und sind zunächst mehr nette Cocktailparty, als verrückte Orgie. Was dann passiert? Alles kann, nichts muss. Übrigens, auch in der Schweiz war Emma mit ihren Veranstaltungen bereits mehrfach – und bestimmt nicht das letzte Mal.
Mit dem Womanizer hat die WOW Tech Group die Sextoy-Revolution der letzten Jahre ins Rollen gebracht und plädiert für den Orgasmus als Menschenrecht – danke dafür! Johanna Rief ist Head of Communications und erzählt: «Die Gesellschaft ist heute so übersexualisiert. Gerade die junge Generation denkt, dass das, was sie in Pornos sehen, der Realität entspricht. Daran muss gearbeitet werden.» Ein schönes Beispiel, sind die Frauen der Womanizer-Kampagne, mit denen auch wir uns identifizieren können. Und es gibt noch mehr gute News: «Wir spüren, dass bei früheren Tabu-Themen wie der Periode endlich ein Umdenken stattfindet. So wird Stück für Stück auch weibliche Sexualität normalisiert.»
Zugegeben, was das Angebot an Pornofilmen für Frauen angeht, ist noch immer jede Menge Luft nach oben. Die Industrie schläft aber keinesfalls – und macht sich neue Techniken zunutze, die vielleicht schon bald zur Normalität werden. Dinorah Hernandez produziert Pornos, bei denen die Zuschauer durch die VR-Brille zu Akteuren werden. Und siehe da, schaut man nicht mehr nur zu, sondern fühlt sich selbst in der Rolle, schwenkt selbst bei den Männern (für die die Filme bisher vornehmlich produziert werden) der Geschmack um. «Immer mehr Leute fragen uns nach sinnlichen Videos, in den geküsst, geflüstert und sanft berührt wird. Sie wollen nicht nur stumpfen Sex mit Nahaufnahmen von Geschlechtsorganen, sondern ein echtes, sinnliches Erlebnis.» Good News für alle Frauen: Das aktuell noch recht dünne Angebot für VR-Filme aus der weiblichen Perspektive wächst laut Dinorah schon jetzt stetig.
Paolo Davide Griffo geht mit SenseMax noch einen Schritt weiter. Er bietet Sextoys an, die mit einer VR-Brille gekoppelt werden können. Werden sie schneller bewegt, wird auch der Sex im Video schneller. Und nein, wir reden hier nicht von unrealistischen, animierten Akteuren, sondern von realen Schauspielern. Die Sextoys für Frauen, die Paolo in seinem Repertoire hat, verfügen noch nicht über die gleiche Technologie. Er versichert aber: «Wir sind mit verschiedenen Anbietern, die VR-Pornos für Frauen produzieren, im Gespräch – die Technik wird schon bald kommen.»