Als Anja Zeidler vor einem halben Jahr einen Knoten in ihrer linken Brust ertastet, denkt sich die 27-Jährige nichts Schlimmes. «Ich bin ein Mensch, der stets positiv denkt.» Beim nächsten Frauenarzttermin gibt die Ärztin dann auch gleich Entwarnung. Die Gynäkologin ist sich sicher, dass es sich nur um verhärtetes Gewebe handelt, dass das nichts Schlimmes ist und dass sowas je nach Zyklus mal vorkommen kann. «Ich kenne meinen Körper am besten» sagt die Bodypositivity-Influencerin, «ich wusste, dass da was ist, das da nicht hingehört. Also holte ich mir eine zweite ärztliche Meinung.»
Die zweite Ärztin tippt auf Reste einer Kapsel, die Anjas Körper vor Jahren wegen ihrer Silikon-Implantate formiert hat. Der Körper bildet bei jedem Fremdkörper eine solche Kapsel, um den Fremdkörper abzustossen. Als sich Anja 2017 die Implantate entfernen lässt, bleiben die Kapseln drin. Zeidler kontaktiert den Chirurgen, der ihr das Silikon entfernt hat. Dieser rät zu einem MRI und, wenn nötig, zu einer Biopsie.
Der Schönheitschirurg überweist Zeidler an einen dritten Arzt. Dieser stellt beim MRT fest, dass der Knoten durchblutet ist. Das spricht gegen die Theorie der Kapsel. Auch stellt der Arzt fest, dass die Geschwulst unter der Brust bei der Rippe, ganz in der Nähe des Herzens sitzt. Eine Biopsie ist mit Risiken verbunden. Je nachdem kann es sein, dass der Arzt das Herz verletzt.
Hier bricht Anja zum ersten Mal etwas zusammen. «Ich habe heulend meine Mutter angerufen.» Schnell ist für Anja aber klar, dass sie Gewissheit haben will. Nach der Biopsie ist sich die Luzernerin sicher, dass sie bald Entwarnung bekommt. «Ich hatte wirklich ein gutes Gefühl. Ich dachte, dass das vielleicht vom Stress kommt, den ich als Mutter und Workaholic habe.»
Die Tage vergehen. Anja wird immer nervöser. Erst am neunten Tag nach der Biopsie kommt der Anruf des Arztes, der ihr sagt, dass die einen Tumor hat. «Er wusste nur, dass der Tumor gutartig ist. Weil es sich aber nicht um sein Fachgebiet handelt, schickt er Anja wieder weiter. Vorher aber sagt er ihr noch, dass Tumore dieser Art zwar nicht streuen, aber aggressiv in das Gewebe drum herum wachsen können und deswegen manchmal Chemotherapien oder Bestrahlungen nötig sind.
Für Anja ein weiterer sehr schwieriger Moment. Während die Influencerin im Vorfeld auf Instragram noch über ihre Ängste und den Knoten sprach, zieht sie jetzt einen Strich. «Es ist mir enorm wichtig, Gesundheitsthemen anzusprechen, ehrlich und offen zu meinen Fans zu sein. Aber ich musste mich zuerst einmal selber informieren, was dieser Tumor nun genau ist und wie meine Familie und ich damit umgehen sollen.»
Ein Termin beim Spezialisten sorgt bei Anja dann endlich für Erleichterung. «Zuerst einmal hat er mir gratuliert. Es erkranken jährlich nur ein bis zwei Frauen unter solch einem Tumor», sagt sie lachend. Woher diese kommen, ist noch nicht vollends erforscht, Beobachtungen zeigen, dass sie gerne ein, zwei Jahre nach einer Schwangerschaft auftreten. Im Fall von Anja eine plausible Erklärung. Die Luzernerin und ihr Partner Milan Ancic, 24, sind Eltern von Tochter Jela, 1.
Der Arzt versichert Anja noch einmal, dass es sich um einen gutartigen Tumor handelt. Der hätte übrigens überall im Körper auftreten können. Dass er unter der Brust nahe beim Herzen liegt, ist Zufall - und in Anjas Fall ein etwas unglücklicher Umstand. Der Arzt sagt, Anja könne noch ein paar Wochen warten und versuchen, den Tumor durch einen gesunden Lebenswandel zu verkleinern oder gar ganz zum Verschwinden zu bringen. Klappt das aber nicht, rät er, die Geschwulst operativ zu entfernen.
Für Zeidler ein sehr guter Plan. Kommenden Montag besucht sie ihre Naturheilpraktikerin. «Ich will wissen, was der Tumor auf psychosomatischer Ebene aussagt und ob wir mit Ernährung und Naturheilkunde etwas machen können.» Zusätzlich will es Anja ab sofort wieder ruhiger und bewusster angehen, sich mehr Zeit für sich selber nehmen, Yoga machen, mehr Fokus auf die Ernährung legen.
Im Alltag als berufstätige Mutter sei sie oft sehr gefordert und komme zu kurz. «Alle, die Kinder haben, wissen wovon ich rede.» Eine grosse Stütze ist Anja ihr Partner Milan. «Er ist sehr erschrocken, als er von der Diagnose hörte. Er hat sofort gesagt, dass er mich unterstützt und wir alles packen.» Auch geht er Anja im Alltag noch mehr zur Hand als er es sowieso schon getan hat. «Wir hatten es schon immer schön und gut zusammen, der Tumor hat uns noch näher zusammen geschweisst.»
Und wie geht Töchterchen Jela mit der Situation um? «Sie ist noch zu klein, um richtig zu verstehen, was los ist. Aber sie spürt klar, dass Mama etwas beschäftigt. Sie ist zurzeit viel anhänglicher als normalerweise.»
Aktuell geht es der kleinen Familie gut. Anja hat keine Angst, im Gegenteil: «Ich freue mich, dass ich mir wieder mehr Zeit für mich nehmen will. Dass ich besser auf mich acht geben will und hoffe, dass ich es schaffe, den Tumor so kleiner zu kriegen. Wenn aber nicht, dann warte ich natürlich nicht all zu lange und lasse die Geschwulst operativ entfernen.»
Anja ist nicht sauer auf das Schicksal, dass ausgerechnet sie mit einer solchen seltenen Diagnose konfrontiert wurde. «Ich sehe es viel mehr als Warnschuss, besser auf sich aufzupassen und bewusster zu leben. Vor allem weil wir in der Familie viel Krebs haben, leider.»
Anderen Frauen will sie unbedingt auch Mut machen. Und obwohl es sich bei Anja um keinen klassischen Brust-Knoten handelt, sagt sie abschliessend: «Es ist so wichtig, dass man die Brüste regelmässig auch selber abtastet und was man gerne vergisst, auch Männer können Brustkrebs entwickeln.»