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Schamloses Gratis-Bluten

Die Periode hat übrigens nichts mit Sex zu tun

Etwa die Hälfte aller Menschen kennt das Thema: Einmal im Monat läuft das Blut. Simple Biologie, totale Normalität. Immer noch schämen sich trotzdem viele Frauen – sie können nicht anders.

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Tampons on pink background

Tampons (diese Variante hier heisst professionell übrigens «digital Tampon», weil sie mit dem Finger eingeführt wird) haben eine lange, lange Geschichte und mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. 

Getty Images

Manche Frauen nennen sie ihre «Erdbeerwoche». Sie meinen damit die Tage im Monat, an denen sie bluten. Oder menstruieren, auf der roten Welle surfen, oder «DIESE» Zeit erleben. Viel zu vielen ist dieser Umstand auch 2020 noch peinlich.  

Das schottische Parlament macht nun einen grossen Schritt in die richtige Richtung: Mit der Entscheidung, Binden und Tampons künftig kostenlos abzugeben, ist schon viel gewonnen. Denn vielen ist immer noch nicht klar, dass «Period-Poverty» (Perioden-Armut) ein ganz reales Problem für viele Frauen ist, die sich aus finanziellen Gründen während der Monatsblutung mit Klopapier, alten Zeitungen oder Stofflappen behelfen müssen.  

Der «Ferrari im Keller» ist nicht schmuddlig

Darüber spricht halt kaum jemand. Es geht ja um die Periode und die ist Privatsache, leicht schmuddlig und laut einer US-Studie zum Weltmenstruationstag noch 58 Prozent der befragten Frauen peinlich. 42 Prozent gaben an, schon mindestens einmal Perioden-Shaming erlebt zu haben. Fun Fact: 51 Prozent der befragten Männer wünschen sich, dass Frauen lieber nicht über ihre Tage sprechen sollten.  

Aber plötzlich reden alle über die «Los Wochos». Dank Schottland. Auf einen Schlag sorgt das kleine Land dafür, dass a) Perioden-Armut bald ausradiert wird und b) etwas ganz Normales als genau das etabliert wird: etwas Normales. Nicht-Anrüchiges.  

Wieso «der Ferrari in der Tiefgarage» (ja, es gibt Menschen, die nennen ihre Periode so) überhaupt erst zum Tabu-Thema wurde, ist den meisten Frauen vermutlich gar nicht klar. Wie so oft, gehts im Kern um Sex. 1933 erfand der US-Gynäkologe Earle Haas den ersten modernen Tampon. Eigentlich keine totale Neuerfindung. Schon im 15. Jahrhundert v. Chr. steckten sich Ägypterinnen Papyrus-Röllchen in die Vagina, um das Blut vor dem Herausfliessen zu stoppen. Römerinnen sollen zum selben Zweck auf Wolle gesetzt haben.  

CANADA - OCTOBER 20:  Alternative: Metro women are switching over to the sea sponge 'tampon' as a natural; ecological alternative.   (Photo by David Cooper/Toronto Star via Getty Images)

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzten viele Frauen auf Schwämmchen. Auch heute sind die Perioden-Helfer wieder im Kommen. 

Toronto Star via Getty Images
Tampons eher für «unsittliche Damen»

Mal abgesehen davon, dass – wie wir hoffentlich alle wissen – die Periode die Folgeerscheinung eines nicht durch sexuelle Aktivität befruchteten Eis ist, gibt es auch andere Gründe, weshalb die Periode gerne mit Sex assoziiert wird. So bauten im 18. und 19. Jahrhundert französische Prostituierte und andere «unsittliche Damen» auf frühe Tampon-Formen zwecks Verhütung. Frei nach dem Motto: Kommt nix raus, geht auch nix rein. Heute wissen wir natürlich, dass das keine schlaue Idee war (und immer noch keine ist). 

Genau wie Hosen trugen die ersten Tampons (und verbesserte Damenbinden) dann ab dem 2. Weltkrieg zur Befreiung der Frauen bei. Mit einem praktischen Produkt lässt es sich einfacher arbeiten als mit umständlichen Damen-Windeln. Trotzdem waren viele besorgt. Kritische Stimmen behaupteten, das Einführen eines Tampons könnte zu «Masturbationszwecken» zweckentfremdet werden oder auch das Hymen – das Zeichen für Jungfräulichkeit – beschädigen.  

Wieder sind Damenhygiene-Produkte plötzlich anrüchig. Und sollten es noch lange bleiben. So dauerte es bis ins Jahr 1985 bis das Wort «Periode» erstmals im US-TV geäussert wurde (in einem Werbespot von «Friends»-Star Courteney Cox). Fun Fact: Weil blaue Illustrationsflüssigkeit in Tampon- oder Binden-Werbespots verwendet wurde, dachten viele Männer angeblich, Perioden-Blut sei blau.  

Two menstrual zero waste cups with confetti and chamonile. Alternative reusable product female hygiene. Flat lay style.
Getty Images

Die Geschichte der Enttabuisierung der Periode ist im Prinzip also der Weg, den der «Besuch der roten Lola» vom Anrüchigen zum Normalen einschlägt. Und den geht Schottland nun mutig. Als erstes Land der Welt. Die Schweiz hinkt hier übrigens ziemlich hinterher. Tampons und Binden werden aktuell noch höher besteuert als beispielsweise Pestizide.  

Noch verstecken (laut Studie) rund 72 Prozent der Frauen ihre Tampons oder Binden, wenn sie sich zum «umstöpseln» auf die Toilette begeben. Daran können wir arbeiten. Und auch im Alltag: Statt «ich reit grad auf dem Baumwoll-Pony» nennen wir das Kind doch künftig beim Namen – Periode. Dann wirds irgendwann vielleicht auch besser.  

Von bna am 27. November 2020 - 16:09 Uhr