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Verlangsamter Krankheitsverlauf

Dieser neue Wirkstoff könnte gegen Alzheimer helfen

Mitte Jahr könnte der in Japan und den USA bereits ­erhältliche Wirkstoff auch bei uns zugelassen werden. Ein Meilenstein in der Behandlung von Alzheimer. Der Aargauer Demenz-Spezialist Dan Georgescu ordnet ein.

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Ist der Schlüssel gefunden? Ein neues Mittel lässt auch in der Schweiz Demenz-Betroffene hoffen.

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Mitte Jahr könnte der in Japan und den USA bereits erhältliche Wirkstoff auch bei uns zugelassen werden. Ein Meilenstein in der Behandlung von Alzheimer. Der Aargauer Demenz-Spezialist Dan Georgescu ordnet ein. Ein neuer Wirkstoff weckt Hoffnungen bei Menschen mit Alzheimer und ihren Familien: Lecanemab. Er wird unter dem Namen Leqembi als Medikament verkauft und baut Amyloid-Ablagerungen im Gehirn ab. Diese gelten als zentraler Faktor bei der Entstehung der Krankheit und sind eines der frühesten sichtbaren Anzeichen.

Alzheimer heilen könne auch Lecanemab nicht, sagt Demenz-Spezialist Dan Georgescu. «Aber der Verlauf lässt sich bei einem Teil der Betroffenen erheblich verlangsamen, wenn der Wirkstoff früh genug eingesetzt wird.» Eine baldige Zulassung von Leqembi in der Schweiz sei wahrscheinlich. Produziert wird das Medikament für die ganze Welt im solothurnischen Luterbach in einer Anlage des US-Konzerns Biogen.

Verabreicht wird Lecanemab alle zwei Wochen per Infusion, was gut eine Stunde dauert. In den USA stehe man kurz davor, eine Verabreichung mithilfe eines Pens möglich zu machen, wie ihn Diabetiker verwenden, sagt Georgescu. Kosten würde das Medikament in der Schweiz laut dem Experten jährlich rund 25 000 Franken. Die Schätzung basiert auf dem Preis in den USA, wo es zugelassen ist und er bei 26 500 Dollar liegt. Zusätzlich fallen Kosten für Untersuchungen an – allein schon, um festzustellen, ob sich eine Person überhaupt für die Behandlung qualifiziert.

Nach Therapiebeginn seien drei bis vier Magnetresonanztomografien (MRI) erforderlich, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Mikroblutungen frühzeitig zu erkennen. «Insgesamt belaufen sich die Kosten damit auf etwa 35 000 Franken.» Nach eineinhalb Jahren müssen die Infusionen dann nur noch alle vier Wochen verabreicht werden, und es seien weniger Begleituntersuchungen nötig. «Dadurch kann sich der Preis ungefähr halbieren.»

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Dan Georgescu, 59, ist Leiter der Klinik für Konsiliar-, Alters- und Neuropsychiatrie der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG).

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Leqembi ist nicht das erste Medikament, das Amyloid-Ablagerungen im Gehirn abbaut. Es wäre bei uns jedoch das erste, das aufgrund einer guten Studienlage zugelassen werden könnte. In den USA, Grossbritannien oder in Japan ist Leqembi bereits auf dem Markt. Mitte November 2024 empfahl die Expertengruppe der Europäischen Arzneimittel-Agentur die Zulassung für die EU. Betroffene in der Schweiz warten nun gespannt auf einen Entscheid der hiesigen Zulassungsbehörde Swissmedic. Er erwarte ihn Mitte 2025, sagt Georgescu.

Allerdings stellen sich noch einige Fragen. Sollte zum Beispiel die Grundversicherung die Kosten für das Medikament übernehmen, wäre dies Teil eines Paradigmenwechsels, der sich zunehmend abzeichne, sagt Georgescu. «Erstmals in der Geschichte der Neuromedizin behandeln wir zunehmend Patienten, die sich erst an der Schwelle zur Entwicklung einer ersichtlichen Krankheit befinden.» Solche Behandlungen wird man in Zukunft wohl noch früher beginnen – also zu einem Zeitpunkt, wo Betroffene noch keine Symptome zeigen. «Ist die Kostenübernahme in solchen Fällen Aufgabe der Krankenkasse? Und falls nicht: Wie fair wäre es, wenn sich die Behandlung nur Wohlhabende leisten könnten?»

Je früher Lecanemab eingesetzt wird, desto länger könnte man Symptome hinauszögern. Eine Veranlagung lässt sich mithilfe eines Gentests bereits frühzeitig erkennen. Bei manchen Varianten der Krankheit ist das schon vor der Geburt möglich. Ab wann beginnt man also mit einer Behandlung? Das sei nicht nur eine Kosten-, sondern auch eine ethische Überlegung, sagt Georgescu.

Das Medikament darf bei zahlreichen Krankheiten und Veranlagungen nicht abgegeben werden. Dazu gehören Menschen mit bestimmten neurologischen Krankheiten oder psychischen Leiden wie schweren Depressionen. Auch Personen mit erhöhtem Risiko für Hirnschläge bleiben aussen vor. Oder solche, die bestimmte Blutverdünner nehmen müssen. In der Schweiz betreffe das viele, sagt Georgescu. «Aber kann man Menschen von der Behandlung mit einem Medikament ausschliessen, das quasi ihr Schicksal verändern könnte? Vor allem, wenn sie bereit sind, die Risiken auf sich zu nehmen?»

Von Jonas Dreyfus vor 8 Stunden