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Dr. med. Markus Meier

Ein Tag im Leben eines Hausarztes

Von früh morgens bis spät am Abend: Hausärzte und Hausärztinnen leisten Schwerarbeit. Der frühere TV-Arzt Markus Meier gibt Einblick, wie er seine Patientinnen und Patienten täglich durchs Leben begleitet.

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Hausarzt Dr Markus Meier , vor Alterszentrum, in Bubikon

«Schon als kleiner Bub war es mein Traum, Hausarzt zu werden.» Dr. med. Markus Meier (54) war von 2003 bis 2011 Co-Moderator und Medizinischer Leiter der «Gesundheit Sprechstunde». Danach produzierte er als Chefredaktor die «Medical Tribune». 2016 kehrte er in die Medizin zurück und arbeitet seit 2019 «mit Leib und Seele» als Hausarzt. Er leitet das Ärztezentrum Wolfhausen im Zürcher Oberland.

Nik Hunger

7.30 Uhr Eintreffen in der Praxis.

7.30 - 8 Uhr E-Mails beantworten von Patient*innen, Versicherungen, Pflegeheimen, Spitex und Teammitgliedern. Ebenso wichtig: Laborzettel ausfüllen für Patient*innen, die am Morgen nüchtern zur Blutentnahme kommen.

8 - 12 Uhr Alle 15 bis 30 Minuten einen Patienten oder eine Patientin betreuen.

9.30 Uhr Erneut keine Pause, stattdessen Anruf eines Assistenzarztes vom Spital Männedorf. «Er hat Fragen an mich, weil eine meiner älteren Patientinnen als Notfall eingeliefert bei ihm auf der Station liegt.» Bereits 15 Minuten Rückstand auf den Zeitplan!

11 Uhr Ein 15-Minuten-Puffertermin, «den wir nur für Notfälle freigeben», wird an einen Patienten mit starken Rückenschmerzen vergeben. Befragung, Untersuch und Medikamentenerklärungen dauern 40 Minuten. Bereits 40 Minuten Rückstand auf die Marschtabelle!

11 - 12.15 Uhr Bei den nächsten Patienten «hetzen, um Zeit aufzuholen und damit meine Medizinischen Praxisassistentinnen, die MPAs, pünktlich in die Mittagspause können».

12.15 Uhr «Mit unserem CEO telefonieren, der seit Januar 2023 alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um eine Hausärztin für unser Ärztezentrum zu finden. Nach ein paar Rückschlägen sieht es nun gut aus mit einer Bewerberin aus Deutschland. Wenn alles mit den Schweizer und Zürcher Bewilligungen klappt, könnte sie im nächsten Frühling bei mir starten. Bis dann sind wir zu zweit für über 3000 Patientinnen und Patienten.»

12.30 - 13 Uhr Arztbriefe für Krankenkassen und Unfallversicherungen schreiben, «teilweise aus völlig unnötigen Gründen. Warum muss ich auf zwei Seiten begründen, weshalb ich bei einem Patienten das Vitamin D nachgemessen habe, weil sein Blutspiegel zuvor bei 15 statt 75 lag? Ich möchte ja wissen, ob ich ihm genügend Vitamin-D-Tropfen gegeben habe. Oder will die Krankenkasse lieber teure Knochenbrüche wegen Osteoporose bezahlen?»

13 - 13.45 Uhr Mittagessen in einem der drei Restaurants von Wolfhausen oder mal nur ein Sandwich während eines Spaziergangs oder unten am Zürichsee. «Bis Mitte Oktober habe ich dies oft mit einem erfrischenden Bad im See verknüpft.»

13.45 - 14 Uhr Sprechstunde vom Nachmittag vorbereiten. «Jeden zweiten Donnerstag mache ich morgens einen Hausbesuch im Pflegeheim Sunnegarte in Bubikon. Ich betreue dort jeweils etwa zehn Patientinnen und Patienten in drei Stunden, immer
unterstützt von einer Pflegefachfrau. Am Donnerstagnachmittag habe ich normalerweise frei, bereite meine zahlreichen Moderationen oder Webinars vor, schreibe Fachtexte oder gehe an Fortbildungen. Nach dem Hausbesuch im Sunnegarte brauche ich nachmittags aber noch zwei Stunden, um alles nachzubearbeiten, Physioverordnungen zu schreiben, Medikamente umzuverordnen et cetera.»

Hausarzt Dr Markus Meier , im Alterszentrum, in Bubikon, erzählt Pflegerin etwas über eine Patientin

Visite mit Pflegefachfrau im Sunnegarte, Bubikon ZH.

Nik Hunger

14.00 - 18 Uhr Sprechstunde ohne Pause, jetzt häufig wegen viraler Infekte und Superinfektionen. Ab und zu ist deshalb ein Abstrich nötig, um zum Beispiel Streptokokken nachzuweisen. Wegen der ebenfalls zunehmenden Covid-19-Fälle braucht es immer sehr viel Zeit, um die Schutzkleidung anzuziehen und danach das Zimmer zu desinfizieren. «Einige Patienten machen netterweise vorgängig einen Schnelltest zu Hause, damit wir uns auf die positiven Fälle vorbereiten und die anderen Patienten schützen können.»

Hausarzt Dr Markus Meier , Wolfhausen, hört Patientin Rücken ab

Lunge abhören und Klopftest.

Nik Hunger

18 - 19 Uhr Telefonsprechstunde «Ich rufe Patienten an und bespreche mit ihnen ihre Laborresultate. Danach muss ich oft auch noch die Dosierung der Medikamente anpassen und Nebenwirkungen besprechen.»

19 - 19.30 Uhr Kurze Erholungszeit und ein kleines Nachtessen mit Birchermüesli oder Sandwich.

19.30 - 22 Uhr (manchmal auch bis Mitternacht) Überweisungen an die Spitäler und die niedergelassenen Spezialärztinnen und -ärzte, Röntgen- und MRI-Verordnungen mailen, Briefe für die Versicherungen schreiben etc. «Mit Überweisungen bin ich einen Monat im Rückstand. Die Versicherungsbriefe haben Priorität 17. Im Moment komme ich gar nicht mehr nach bei dieser überbordenden Bürokratie. Oft komme ich mehrere Monate nicht dazu, diese Schreiben zu beantworten. Sie sind zum Teil so unnötig, dass sie einem Hausarzt die Freude an seinem schönen Beruf vergraulen könnten. Wieso muss ich einen zweiseitigen Arztbericht schreiben wegen eines Zeckenstichs, wenn dieser Fall nach zwei Arztkonsultationen abgeschlossen ist? Ein dauerndes Ärgernis! Unfallversicherungen scheinen solche Arztberichte vor allem deswegen einzufordern, um sich vor ihrer Zahlungspflicht zu drücken und alle Kosten auf die Krankenkassen abzuwälzen. Dies alles auf dem Buckel der Hausärztinnen und Hausärzte – und der Patienten. Hier muss die Politik dringend einschreiten!» Irgendwann ist dann endlich Wochenende, wenn ich nicht noch einen sechseinhalbstündigen Dienst am Samstag oder Sonntag in der Notfallpraxis des Spitals Wetzikon habe. Am besten erhole ich mich von diesem Stress während langen Spaziergängen mit meiner Hündin Bailey oder beim Fischen am Pfäffiker- oder Greifensee.

Hausarzt Dr Markus Meier , Wolfhausen, am Fischen am Pfäffikersee

Endlich Wochenende: abschalten beim Fischen am Pfäffikersee.

Nik Hunger
Von Verena Thurner am 8. Dezember 2023 - 09:00 Uhr