Ein Sprüh und schon ist der Spuk vorbei – klingt ziemlich verlockend, oder? Obwohl eine Spritze nicht wirklich weh tut, reicht bei manchen schon der Gedanken daran, um in Panik zu verfallen. Gehört das Gruseln dank der nasalen Impfung bald der Vergangenheit an? Diese vermeidet nämlich nicht nur den lästigen Piks, die Methode soll auch medizinische Vorteile haben. Unsere deutschen Nachbarn forschen aktiv in diese Richtung und können schon einige Erfolge vorweisen.
Schutz über die Atemwege
So zum Beispiel Prof. Ulrich Lauer von der Uniklinik in Tübingen. Gemeinsam mit dem dem Max-Planck-Institut in Martinsried entwickelt er momentan den nasalen Covid19-Impfstoff «vir4vac». Gegenüber mdr.de erklärte er: «Die bisher zugelassenen Impfstoffe werden intramuskulär verabreicht. Die bauen einen Schutz in erster Linie im Körperinneren. Das Sars-Cov-2-Virus dringt über die Atemwege ein. Das ist ein sogenanntes respiratorisches Virus. Was man zuerst schützen muss, sind eigentlich unsere Atemwege.»
Seine Kolleg*innen der Ruhr-Universität Bochum sehen in der Nasenspray-Impfung ebenfalls grosses Potenzial. Sie haben in einer Studie den Effekt eines speziellen Nasensprays gegen Viren untersucht. Bei einem Versuch im Labor soll sich gezeigt haben, dass auch Sars-CoV-2-Viren damit inaktiviert werden – und zwar fast vollständig. Kleiner Wermutstropfen: Der Wirkstoff wurde an Zellkulturen im Labor getestet. Um die Wirksamkeit bei Menschen zu belegen, braucht es weitere klinische Studien.
Zulassung schon im nächsten Jahr?
Auch in Dresden wird an einem nasalen Impfstoff gegen Covid-19 geforscht. Die Studien sind schon so weit fortgeschritten, dass das Vakzin im nächsten Jahr zugelassen werden könnte. Es basiert auf einem bislang weltweit einzigartigen Prinzip mit zwei Komponenten. Bei der einen handelt es sich um ein Eiweiss des Virus, bei der anderen um einen Impfstoffverstärker, durch welchen die angeborene Immunität aktiviert wird.
Neben einer Nasenspray-Impfung gibt es auch Versuche, auf diesem Weg kurzfristig Ansteckungen zu vermeiden. In Argentinien wird diese Methode bereits in Krankenhäusern getestet. Dafür sprühte sich das Krankenhauspersonal während 21 Tagen viermal täglich ein Spray in die Nase, welcher Carragelose (ein Mehrfachzucker) enthält. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe hatten sie ein um 80 Prozent tieferes Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken.
Wie sieht es in der Schweiz aus?
Momentan gibt es in der Schweiz keine grösseren Studien in diesem Bereich. Nasale Impfstoffe haben es hierzulande schwierig. Ursache ist ein früherer nasaler Influenza-Impfstoff, der als Nebenwirkungen Muskellähmungen im Gesicht auslöste. «Wenn ein nasaler Covid-19-Impfstoff funktioniert, kann das viele Barrieren von Spritzen-Skeptikern überwinden und gerade die Impfung bei Kindern massgeblich voranbringen», erklärt Dr. Christoph Fux, Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital Aarau. «Wir brauchen grosse Studien, die Sicherheit und Wirksamkeit beweisen. Bis diese Daten vorliegen, werden wohl noch viele Monate vergehen. Eine Zulassung bei uns ist damit vor 2023 kaum zu erwarten.»