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  4. Glitzer ist für die Umwelt genauso schlecht wie Röhrli

Glänzender Schrecken

Ist Glitter das neue Plastikröhrli?

Klar, Röhrli, Rührstäbchen und Kunststoffbecher haben wir (hoffentlich) alle längst aus unserem Leben verbannt. Doch pünktlich zur Festtagssaison tritt ein neuer Feind auf die Bildfläche, den wir bisher gar nicht auf dem Schirm hatten. Zerstört der Inhalt unserer Make-up-Bag den Ozean?

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LOS ANGELES, CALIFORNIA - SEPTEMBER 22: Eris Baker attends the 71st Emmy Awards at Microsoft Theater on September 22, 2019 in Los Angeles, California. (Photo by Axelle/Bauer-Griffin/FilmMagic)

Glitter-Make-up macht viel her. Trotzdem sollten wir darauf verzichten. 

FilmMagic

Ja, uns ist bewusst, dass die Party-Saison mit Weihnachtsfeiern, Familienfesten und langen Nächten in euren Lieblingsclubs bevorsteht. Wir wissen, dass ihr jeweils blendend aussehen wollt und schon darüber nachdenkt, welchen eurer Glitzerlidschatten und -Highlighter ihr im Schein der Discokugel so richtig sparklen lassen wollt. Trotzdem müssen wir jetzt den Spielverderber mimen, und die Antwort auf die Frage in der Überschrift direkt vorwegnehmen: Ja, Glitter ist das Plastikröhrli 2.0. Sogar noch eine ganze Spur bedenklicher. 

Was ist Glitter?

Sieht schön aus, richtet aber noch viel mehr Schaden an: Glitter.

Getty Images

Was ist Glitter?

Bitte was? Die hübsch-funkelnden Partikelchen, die so harmlos aussehen? Ja, genau die. Und daran ist vor allem ihr Aufbau schuld. Meist besteht der Glitter in Kosmetik-Artikeln nämlich aus Aluminium und Farbpartikeln, die mit einer Plastikschicht aus PET überzogen sind. Alles genau so zusammengesetzt, dass es möglichst schön funkelt, wenn Licht darauf fällt. Das zieht uns magisch an – doch leider sind wir da nicht die einzigen.

Warum ist es so gefährlich?

Waschen wir nach der Party unser Gesicht und befreien uns vom Real-Life-Kira-Kira-Filter, spülen wir die Partikelchen den Abfluss hinunter. Genau wie das Mikroplastik aus Peelings und Duschgel sind die Partikel zu klein, um in den Klärwerken komplett herausgefiltert zu werden. Früher oder später gelangen sie dadurch ins Meer. Und hier wird es gefährlich: Die Fische stehen nämlich ebenfalls auf den schönen Schein. Sie halten den Glitter für schimmerndes Plankton und schlucken ihn herunter. Anders als bei «üblichem», kugelförmigen Mikroplastik ist Glitter jedoch nicht rund, sondern mit scharfen Kanten versehen. Gerade bei jungen Fischen besteht deshalb zusätzlich das Risiko, dass die Partikel die Magen- und Darmwände perforieren. Falls das noch nicht klar geworden ist: Das wäre ihr sicheres Todesurteil. Hat der Fisch Glück und überlebt den gefährlichen Snack, landet der Glitter stattdessen beim nächsten mediterranen Meeresmenü direkt bei uns im Magen. Zusammen mit den 20 Gramm, die wir jetzt schon monatlich (durch Wasser, Luft und Nahrung) an Plastik zu uns nehmen. Auswirkungen auf unsere Gesundheit? Bislang noch unbekannt, doch die Forschungen zum Thema lassen nichts Gutes ahnen.

 Dann eben Bio – oder?

Mit offenen Händen die Umwelt verschmutzen? Nein, danke. 

iStock Photo

Dann eben Bio – oder?

Verschiedene Firmen arbeiten mittlerweile an abbaubaren Glitter-Produkten – doch ihr ahnt es vermutlich schon, auch hier gibt es noch die eine oder andere Schwierigkeit. Abgesehen vom Look (meist wird der Bio-Glitter matt, sobald er mit Flüssigkeit in Berührung kommt), heisst die Tatsache, dass sich die Partikel in klarem Wasser innerhalb von 28 Tagen zersetzen können längst nicht, dass sie das auch im Meerwasser tun. Bisher stehen die meisten Tests noch aus. Und selbst wenn alles gut laufen sollte: Bis zu vier Wochen lang können die scharfen, metallischen Cellulose-Teilchen genau den gleichen Schaden anrichten wie scharfe, metallische Plastik-Teilchen (was natürlich trotzdem um Längen besser ist, als die hunderte von Jahren, die herkömmliches Glitter braucht, um sich zu zersetzen). Und um euch auch noch den letzten Spass an der Sache zu verderben: Das natürlich vorkommende Mica (allgemein als Glimmer bekannt) involviert in vielen Fällen auch heute noch illegale Kinderarbeit und Ausbeutung. 

Die Moral von der Geschichte? Aktuell gibt es keine Möglichkeit, mit gutem Gewissen Glitter-Make-up zu nutzen. Aber wisst ihr was? Wir sehen auch ohne bezaubernd aus. Für dieses Jahr verzichten wir deshalb auf die aufgepinselte Version und setzen stattdessen auf unser ganz natürliches, garantiert plastikfreies, inneres Strahlen. Abgemacht?

Von Malin Mueller am 15. November 2019 - 16:26 Uhr