Wer mit Bauchweh zum Arzt geht, muss sich meistens auf eine lange Reihe von Untersuchungen gefasst machen. Für Symptome wie Durchfall, Blähungen, Krämpfe oder Verstopfung gibt es unzählige Ursachen. Sind alle körperlichen Auslöser ausgeschlossen, bleibt oft die Diagnose Reizdarmsyndrom RDS.
Unberechenbare Krankheit
Dabei handelt es sich um eine funktionelle Störung. Das heisst: Trotz der Beschwerden sind die Organe gesund, sie reagieren einfach besonders stark auf bestimmte Reize. Die Unberechenbarkeit der Krankheit bestimmt bei vielen den Alltag: Weil man Angst vor Krämpfen und Durchfall hat, sagt man Nachtessen ab, geht nicht mehr zum Sport, isoliert sich zusehends. Die psychischen Nebenwirkungen wie Stress und Angst verstärken wiederum die Beschwerden.
Infekt als Auslöser
Wissenschaftler vermuten schon seit Längerem, dass ein Infekt der Auslöser sein könnte. Jetzt wird diese Annahme durch eine neue belgische Studie gestützt. In einem Versuch haben Forscher der Katholischen Universität Leuven Mäuse mit Durchfallerregern infiziert und gleichzeitig mit einem Nahrungsmittelallergen gefüttert. Nachdem die Mäuse wieder gesund waren, wurden sie erneut mit dem Allergen gefüttert. Alle zeigten eine allergische Reaktion, allerdings nur in dem Teil des Darms, wo zuvor die Durchfallerreger infiziert wurden. Diese Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Das würde bedeuten, dass es bei der Reizdarmerkrankung eine Rolle spielt, welche Nahrungsmittel man während des auslösenden Darm-Infekts gegessen hat. Die Annahme ist, dass unser Immunsystem diese bestimmten Lebensmittel als «Feinde» einstuft und auch nach der Genesung gereizt darauf reagiert. Das würde auch erklären, weshalb es keine einheitliche Therapie gibt – viele aber darauf schwören, gewisse Lebensmittel wie zum Beispiel Gluten wegzulassen, um die Symptome zu mildern.
Beschwerden ernst nehmen
«Oft werden diese Patienten von den Ärzten nicht ernst genommen», erklärt Studienleiter Guy Boeckxstaens. «Weil sie keine klare allergische Reaktion zeigen, gelten ihre Probleme nicht als physiologisch, sondern werden auf die Psyche geschoben.» Dabei leiden etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung am Reizdarmsyndrom. Zwei Drittel davon sind Frauen. Grund genug also, die Krankheit ernst zu nehmen.
Die wichtigsten Fakten für Betroffene:
- Findet heraus, welche Lebensmittel ihr vertragt und welche nicht. Am einfachsten geht es mit einem Symptomtagebuch.
- Versucht die FODMAP-Diät (Wie das geht, erfahrt ihr hier >).
- Nehmt euch Zeit beim Essen. Nicht zu grosse Portionen schöpfen.
- Sucht einen Arzt, der sich für euch Zeit nimmt und der nach der Krankheitsgeschichte fragt. RDS kann auch vererbt werden.
- Wenn ihr am Verzweifeln seid, lohnt sich ein Gespräch mit einem Psychotherapeuten.
- Meidet Alkohol, Zigaretten und Kaffee.
- Bewegt euch an der frischen Luft. Regelmässigkeit ist hier wichtiger als Intensität.
- Es kann sein, dass sich RDS spontan zurückbildet.
- Probiert verschiedene Entspannungsmöglichkeiten aus.
- RDS ist nicht lebensbedrohlich.