Cholesterin ist lebenswichtig für uns Menschen. Die fettähnliche Substanz ist massgeblich am Aufbau der Zellmembran beteiligt sowie an vielen Stoffwechselvorgängen des Gehirns. Es ist eine Vorstufe für die Bildung von Vitamin D sowie einer Reihe von Hormonen wie Östrogen, Testosteron und Cortisol, das als Stresshormon für viele Körperfunktionen wichtig ist. Gleichzeitig ist Cholesterin Ausgangsstoff für die Produktion von Gallensäure zur Fettverdauung. Und trotzdem hat Cholesterin einen schlechten Ruf. Es soll verantwortlich sein für Fettstoffwechselstörungen und Arteriosklerose.
Im Fokus: Low Density Lopiprotein
Im Fokus steht das Low Density Lipoprotein oder LDL, das Lipoprotein geringer Dichte. Es lagert sich an den Gefässwänden ab, verengt die Arterien und kann so einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Lange Zeit war man der Ansicht, dass ein hohes High Density Lipoprotein oder HDL, Lipoprotein mit hoher Dichte, eine schützende Wirkung auf die Gefässe hat. Laut Prof. Thomas F. Lüscher haben neuere Studien gezeigt, dass der Schutz im Laufe des Lebens und besonders im Frühstadium der Arteriosklerose sowie bei Herz- und vor allem Nierenpatienten nachlässt.
Ein guter Indikator für das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, ist der Wert des Non-HDL-Cholesterins. Er zeigt, ob ein Mensch gefährdet ist, eine Gefässverkalkung zu entwickeln. Wie lässt sich das schädliche LDL senken? Mit der Ernährung ist das nicht so einfach. Am stärksten können erhöhte Blutfette mit Medikamenten wie den bekannten Statinen gesenkt werden.
Das sagt der Experte
Style: Prof. Thomas F. Lüscher, welche Cholesterinwerte sind erstrebenswert?
Thomas F. Lüscher: Ich achte vor allem auf das LDL-Cho-lesterin oder besser noch auf das Non-HDL-Cholesterin, da diese beiden in erster Linie für die Gefässverkalkung verantwortlich sind. Daneben sollte man auch auf die Triglyceride schauen, vor allem bei Diabetikern. Das HDL-Cholesterin ist heute weit weniger wichtig, da alle Versuche gescheitert sind, durch eine medikamentöse Erhöhung des HDL die Prognose von Herzpatienten zu verbessern.
Das LDL ist noch immer der Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall?
Das LDL ist der wichtigste Risikofaktor für die Arteriosklerose. In allen Studien mit Statinen, die ausschliesslich das LDL und das Non-HDL senken, konnte das Risiko von Herzinfarkt und Herztod um etwa einen Drittel gesenkt werden.
Kann das LDL überhaupt durch die Ernährung gesteuert werden?
Etwa 80 Prozent des Cholesterins stammen aus der Leber und nur rund 20 Prozent aus der Ernährung. Wie viel Cholesterin die Leber bildet, ist weitgehend genetisch bestimmt. In der Natur gibt es kein Tier, dass so hohe LDL-Spiegel hat wie wir Menschen. Die Arteriosklerose wurde bereits bei Mumien nachgewiesen, die vor Tausenden von Jahren gestorben sind. Arteriosklerose ist eine typische Erkrankung des Menschen. Entsprechend lässt sich mit fettarmer Diät – im Gegensatz zu den Lipidsenkern – nur wenig erreichen. Eine solche Diät ist auch schwierig aufrechtzuerhalten. Die Triglyceride lassen sich diätisch besser beeinflussen.
Eier stehen ja seit einiger Zeit nicht mehr unter Generalverdacht.
Dazu gibt es verschiedene Studien, die alle zeigen, dass Eier den Cholesterinspiegel kaum beeinflussen und insbesondere auch nicht das Risiko für Herzinfarkt oder Herztod erhöhen.
Wie entscheidend ist der Fettgehalt eines Nahrungsmittels?
Fett ist nicht gleich Fett – es gibt gesundes und ungesundes Fett. Ungesättigte Fettsäuren, die sich in Fisch, Oliven, Avocado und anderen Nahrungsmitteln finden, sind gesund. Gesättigte nicht. Die mediterrane Diät – mit Fisch, Gemüse, Salat und alles mit Olivenöl angerichtet – ist die bisher einzige Diät, die überzeugend vor Herzinfarkt und Herztod schützt.
Wie können zu hohe Blutfettwerte wirkungsvoll gesenkt werden?
Zunächst mit Statinen, welche die Bildung des Cholesterins in der Leber hemmen, dann etwas weniger stark mit einem Wirkstoff, der die Aufnahme des Cholesterins im Darm hemmt. Nun gibt es aber neue Medikamente wie die Bempedoinsäure, die ähnlich wirkt wie Statine, aber keine Muskelnebenwirkungen hat. Und zuletzt gibt es für Hochrisikopatienten die sogenannten PCSK9-Hemmer, die zwei-wöchentlich in die Bauchhaut gespritzt werden. Sie senken das Cholesterin auf bisher unerreichte Werte. Und neu steht ein Medikament vor der Einführung, das in die Genregulation eingreift und nur zweimal jährlich gespritzt werden muss. Damit erreichen wir sehr tiefe Cholesterinwerte.