Seit gut sechs Monaten spukt ein böser Geist zwischen uns umher, den wir weder sehen noch anfassen können. Nur spüren können ihn viele von uns dann, sobald sie ihn sich eingefangen haben. Die Rede ist vom Coronavirus. Besonders gefährlich wird er für Risikogruppen wie ältere Menschen und Vorerkrankte. Das Immunsystem der meisten anderen wird früher oder später mit dem Virus fertig. Das Praktische: Einmal geheilt sind sie nicht mehr ansteckend und immun gegen eine erneute Infizierung. So zumindest die allgemeine Meinung.
Zu früh gefreut?
Katrin Holenstein ist Mitarbeiterin in der Kommunikation des Bundesamts für Gesundheit. Und sie muss uns enttäuschen:«Die Frage, ob man nach einer Infektion immun ist, ist noch unklar. Die Forschung arbeitet weltweit daran, dass zu klären.» Und auch die WHO stellt klar, es gäbe nach wie vor keinen Beweis für die Immunität. Moment mal, wie bitte? Ist die ganze Geschichte etwa an den Haaren herbeigezogen? Die Swiss School of Public Health hat es sich zur Aufgabe gemacht, das herauszufinden. Bis im Oktober 2020 will sie 25.000 Personen testen und so herausfinden, ob – und falls ja, wie lange man gegen Covid-19 immun ist, wenn sich bereits Antikörper gebildet haben. Kurzum: Wissen tun wir es bisher nicht.
Ausserdem gab es kürzlich mehrere Fälle in Asien, bei denen Menschen nach ihrer Heilung vom Virus erneut positiv getestet wurden! Das Problem an der Sache: Stellt sich die Resistenz gegen Corona als Blödsinn heraus, würde auch eine Impfung nicht weiterhelfen.
Warum glauben wir dennoch an die Immunität?
Doch es gibt auch Punkte, die für eine Immunisierung sprechen: Obwohl mittlerweile allen klar sein sollte, dass das Coronavirus nicht nur eine Grippe ist, gibt es gewisse Ähnlichkeiten der beiden Viren zueinander. Nach einer Grippe – einem Virus, das schon etwas länger unter uns weilt – gibt es eine Immunität. Auch, wenn sie nur etwa ein Jahr hält. Bei SARS-Viren (die ebenfalls zur Corona-Gruppe gehören) konnte herausgefunden werden, dass wir acht oder sogar zehn Jahre lang immun bleiben. Wie es bei Covid-19 aussieht, ist noch völlig unklar. Hoffnung ist aber da.
In China lief zudem bis vor Kurzem eine Studie mit Rhesusaffen. Die mit dem Virus infizierten Tiere waren auch einige Wochen nach ihrer Genesung noch resistent. Ein gutes Zeichen dafür, dass auch bei Menschen eine Immunität möglich wäre. Die Untersuchung wird allerdings (nicht nur wegen der Affen) scharf kritisiert. Nach einem Monat war sie abgeschlossen. Wie lange die Resistenz anhält, weiss deshalb nach wie vor niemand so genau.
Nur nicht aufgeben
Und: Mittlerweile scheinen die Forscher auch einer Erklärung der erneuten, positiven Testergebnisse in Asien auf der Spur zu sein. Die dort verwendeten Tests reagieren schon auf kleinste Spuren der genetischen Information des Coronavirus. Auch wenn diese so gering sind, dass sie die eigentliche Krankheit gar nicht mehr auslösen können. Es könnte also sein, dass die Patienten noch «Rest-Viren» im Körper hatten, obwohl sie eigentlich längst geheilt waren. Die Konzentration wäre dann jeweils so gering, dass sie sich nicht mehr eigenständig vermehren könnten. Erste Untersuchungen dieser Theorie fielen laut den Forschen vor Ort vielversprechend aus. Wir dürfen also weiter hoffen, dass eine Resistenz gegen Covid-19 (und mit ihr der Impfstoff) mehr sind als nur ein Traum.