Sei es im Pilatestraining, beim Rückbildungsturnen nach der Schwangerschaft, oder in den Wechseljahren. Irgendwann wird jede Frau damit konfrontiert: dem Beckenboden. Dann heisst es: «Zieht mit dem Ausatmen den Beckenboden nach innen und lässt ihn wie einen Lift, Stockwerk für Stockwerk, nach oben Richtung Bauchnabel fahren. Die Spannung halten und beim Einatmen wieder loslassen.»
Lift starten
Klingt beim ersten Mal ziemlich komisch. Und bis man herausgefunden hat, wie der imaginäre Lift gestartet wird, schaut man verstohlen seine Turngspändlis an. Nur: Von aussen sieht man nicht, obs klappt. Also schön weiter üben – Lifttür zu und Knopf nach oben drücken. Geduldige werden belohnt: Sie kämpfen weniger mit Blasenschwäche, können die Lust beim Sex steigern und reduzieren sogar Rückenschmerzen.
Auch Männer haben einen Beckenboden
Und jetzt kommts: nämlich zu den Männern. Ja genau, richtig gehört. Nicht nur Frauen haben einen Beckenboden. «Ich sage meinen Klienten immer: Auch eure Organe werden von diesem Muskel im unteren Bauchraum getragen. Ist er zu schwach, plagen Männer ähnliche Probleme wie Frauen», erklärt Silvia Kinnunen, Beckenboden-Kursleiterin. Oft werden Männer mit Prostatabeschwerden vom Arzt an sie verwiesen. «Selber anzufragen trauen sich die wenigsten. Beckenbodentraining für den Mann ist noch immer ein Tabu.»
Der unsichtbare Muskel
Das hat einerseits damit zu tun, dass der Beckenboden als Frauen-Ding gilt, und andererseits, dass Männer sich oft genieren über Erektionsstörungen, ständigen Harndrang aufgrund einer vergrösserten Prostata oder Inkontinenz zu sprechen. «Dabei wäre das so wichtig», sagt Silvia Kinnunen. «Der Beckenboden ist wie jeder andere Muskel: Er kann willentlich angesteuert werden. So wie die Arme oder Beine.» Mit dieser Erklärung startet die Beckenboden-Kursleiterin dann auch das Fitnessprogramm für ihre Klienten.
Das richtige Training
«Ich mache nicht nur reine Beckenbodenübungen mit den Männern, sondern integriere diese immer in andere Übungen wie zum Beispiel ein Hanteltraining.» Und das meistens in einer Einzellektion. Denn während es für Frauen ganz normal ist, zusammen das «Lift fahren» zu üben, möchten die meisten Männer im Gym lieber so tun, als ginge es ihnen allein um die Beinmuskulatur.
Symptome für einen schwachen Beckenboden beim Mann:
Dabei gibt es dafür keinen Grund: «Männer müssen lernen, dass es wichtig ist, den Beckenboden zu trainieren», sagt Silvia Kinnunen. Ab 45 Jahren sollte sich deshalb jeder Mann fragen, ob folgende Symptome auch von einem schwachen Beckenboden verursacht werden könnten:
- Erektionsstörung
- Vorzeitiger Samenerguss
- Inkontinenz
- Probleme mit der Prostata vor und nach einer Operation
- Verspannungen im unteren Rücken
Am besten lässt man diese Probleme bei einem Urologen oder einer Urologin abklären.
6 Tipps für den Alltag, um den Beckenboden zu schonen:
- Husten oder Niesen am besten nach oben oder über die Schulter. So wird der Druck im Bauchraum vermindert und der Beckenboden geschont.
- Lasten richtig anheben: In die Knie gehen (Hocke) und den Gegenstand mit geradem Oberkörper heben – die Kraft kommt dabei aus den Beinmuskeln – dabei ausatmen.
- Auf eine gerade Haltung achten. Beim Sitzen und Gehen den Rücken möglichst aufrecht und gerade halten.
- Aufstehen und abliegen über die Seite. Der Druck auf den Beckenboden wird so vermindert. Wenn der Oberkörper direkt aus dem Liegen gerade aufgerichtet wird, drückt die kontrahierte Bauchmuskulatur den Beckenboden nach unten.
- Keine einengende Kleidung um den Bauch.
- Kräftiges anspannen des Beckenbodens nach jedem WC-Gang.