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Mental Health Awareness Month

Hat jetzt unsere ganze Gesellschaft Anxiety?

Model Kendall Jenner spricht in einer vierteiligen Serie über Panikattacken, psychische Gesundheit und Angst – kurz: Anxiety. Damit ist sie bei weitem nicht die einzige, die sich für dieses Thema einsetzt. Immer mehr Menschen outen sich als Opfer von Angstzuständen. Dabei scheinen die Grenzen zwischen dem kleinsten Unwohlsein und panischer Angst immer mehr zu verfliessen. Ein Kommentar.

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kendall jenner in an all black outfit photoshoot with dog, anxiety

Anlässlich des #MentalHealthAwarenessMonth spricht Kendall Jenner in einer neuen Online-Serie über ihre Angstzustände.

instagram/kendalljenner

«Nach Angaben der CDC haben sich die Meldungen von Angstzuständen mit der COVID-19-Pandemie mehr als verdreifacht und damit eine Krise der psychischen Gesundheit ausgelöst, die auch dann noch anhält, wenn die Impfung weltweit ausgerollt wird», schreibt die amerikanische Vogue auf Instagram. Aus diesem Grund lanciert das Modemagazin mit Supermodel Kendall Jenner die vierteilige Serie «Open Minded: Understanding Anxiety» (z.D. Angst verstehen). Das Model selbst erzählt bereits im Teaser, dass es seit Jahren an Angststörungen und Panikattacken leidet:

Mit dem öffentlichen Geständnis über ihre psychische Gesundheit ist Kendall Jenner bei weitem nicht alleine. Viele andere Stars wie Justin Bieber und auch dessen Ehefrau Hailey machen auf die Thematik aufmerksam. Letztere hat gar schon zwei Youtube-Videos veröffentlicht, in denen sie auch über die Zusammenhänge von Unsicherheit und dem toxischen Vergleichen auf Social Media spricht.

Was geht da vor?

Mit ihren Beiträgen machen die Stars auf eine wichtige und dennoch heikle Thematik aufmerksam. Anxiety beschreibt meist Panikattacken, die plötzlich aufgrund von starker Angst ausbrechen und einen Menschen völlig abdriften lassen. Körperliche Symptome sind beispielsweise Zittern, Schwitzen, Herzklopfen, extreme Anspannung und nicht selten auch die Angst vor gesundheitlichen Konsequenzen (beispielsweise, dass man gleich einen Herzinfarkt hat).

Angstzustände und Panikattacken sind ernstzunehmende und psychisch stark belastende Probleme. Auf Dauer können sie manche Menschen gar in eine Depression verfallen lassen. Doch seit gefühlt jedes Hollywood-Sternchen und die Hälfte aller Influencer sich als Anxiety-Patient outen, scheint das ganze in eine falsche Richtung zu verlaufen.

«Anxiety» ist das Wort der Stunde

In einer Reality-Show, die einige Tiktoker gemeinsam auf Instagram publizieren, las man folgende Trigger-Warnung: «In den letzten zwei Jahren hat XY Erfahrungen mit Anxiety und einem tiefen Selbstwertgefühl gemacht.» Gut und wichtig, dass jemand, der auch ein tiefes Selbstwertgefühl hat hierbei vielleicht auf nachvollziehbaren Content stösst und sich dadurch nicht alleine fühlt. Gleichzeitig drängt sich die Frage auf: Haben wir nicht alle manchmal ein tiefes Selbstwertgefühl? Haben wir nicht alle mal Angst davor, was gerade mit uns passiert? Und haben wir deshalb alle Anxiety?

Anxiety scheint ein Trendwort geworden zu sein, dass je länger je mehr auch für das kleinste Unwohlsein verwendet wird. Beispiel: Einer der Tiktoker in der Show fühlte sich an einem Abend von all den Eindrücken und Menschen überfordert, weil er aufgrund der Pandemie schon länger nicht mehr unter so vielen Leuten war – boah, das muss Anxiety sein! Aber mal ehrlich, das würde – und wird wahrscheinlich auch – uns alle überfordern. Ist doch irgendwie menschlich, dass man sich nicht immer und überall pudelwohl und sicher fühlt.

Unwohlsein okay, Angstzustände verharmlosen nicht okay

Lasst uns eines klar stellen: Wir wollen hier niemandem vor den Kopf stossen. Wer seinem Unwohlsein und allen möglichen Struggles mit sozialer Integration den Titel «Anxiety» aufsetzen will, der kann das natürlich. Problematisch wird es aber, wenn das plötzlich alle tun. Dann leiden nämlich diejenigen darunter, denen Angstzustände und grobe Panikattacken mental wirklich zu schaffen machen. Werden diese Anxiety-Patienten nämlich in denselben Topf geworfen, wie der Tiktoker, der sich schlicht und einfach wieder an grosse Menschenmassen gewöhnen muss, wird die Krankheit verharmlost. Und Sätze wie «ach, jetzt übertreib mal nicht» und «komm doch einfach mal runter», werden der ganzen Sache auch nicht weiterhelfen.

Klar, mentale Gesundheit ist nicht wirklich messbar. Niemand weiss, wie tief das dunkle Loch wirklich ist, indem eine Person gerade steckt. Aber hier geht es um Respekt und Anerkennung – und deshalb sollte eine psychische Krankheit auch von rein menschlichem Benehmen unterschieden werden. Kendall Jenner, die laut den Ärzten im Teaser wirklich unter Angstzuständen leidet, wünschen wir natürlich nur das Beste und dass sie mit der Serie auch anderen Betroffenen weiterhilft. Und vielleicht erkennt dann auch der Tiktoker, der bestimmt bald sozial reintegriert ist, was ein panischer Angstzustand wirklich von Menschen abverlangt …

Wie steht ihr zum Begriff Anxiety? Schreibts uns in die Kommentare.

Von Lara Zehnder am 7. Mai 2021 - 16:09 Uhr