Designerkleider, Jetset, Ruhm – in den 1990ern wurde Linda Evangelista über Nacht zum Supermodel. «Für weniger als 10.000 Dollar am Tag stehe ich gar nicht erst auf.» Eine Aussage, die sich das Mannequin und Werbegesicht in ihren Mittzwanzgern ohne weiteres leisten konnte. Schliesslich waren die Laufstege der Luxuslabels wie Chanel, Prada oder Versace ihr Zuhause. Selbst als sich ihre Karriere auf dem Catwalk dem Ende neigte, schaffte es Evangelista im Gegensatz zu einigen ihrer Kolleginnen in aller Munde zu bleiben. Legendär: ihre TV-Spots mit dem Beautykonzern L'Oréal, die noch jahrzehntelang über unsere Bildschirme flimmerten.
Dann wurde es plötzlich still um die Kanadierin. Sie habe sich zurückgezogen, geniesse ihr Privatleben, vermutete man. Bis im September 2021 ein Paparazzi-Foto der inzwischen 56-Jährigen durch die Medien ging. Von dem damals zarten, fröhlichen Gesicht keine Spur mehr. Evangelista sieht nicht nur anders aus, sie wirkt unglücklich. Die unvorteilhafte Aufnahme war für das ehemalige Model zwar ein riesiger Schock, doch bewegte sie sie dazu, endlich ihr Schweigen zu brechen. Auf Instagram gestand sie daraufhin, dass sie Opfer eines verpfuschten Beauty-Eingriffs wurde, der nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihren Körper völlig entstellt haben soll.
«Kein Designer wird mich so einkleiden wollen»
In der aktuellen Ausgabe des People Magazines schildert Evangelista nun, wie sehr sie die Folgen des Eingriffs physisch und psychisch einschränken. Nach dem Versuch des Fat-Freezings bildeten sich bei der Schönheit 2015 plötzlich an den Stellen, die eigentlich hätten erschlanken sollen, harte, schmerzhafte Beulen. Ein Zustand, den sie trotz Sport und exzessiver Diäten nicht mehr rückgängig machen konnte – das diagnostizierte ihr auch ein Arzt. Es handle sich um Paradoxical Adipose Hyperplasia, eine seltene Krankheit, bei der sich die Fettzellen unerklärlich vermehren. Die Folge: schwere Depressionen, die Linda Evangelista dazu trieben, sich jahrelang zu verstecken. So erzählt sie dem People Magazine: «Ich habe es geliebt, auf dem Catwalk zu sein. Jetzt habe ich Angst, zufällig jemanden zu treffen, den ich kenne.»
Evangelista rät zu Positive-Aging
In den Spiegel blickt die 56-Jährige zwar noch immer nicht, doch will sie ihre Erfahrung jetzt dazu nutzen, um anderen Frauen Mut zu machen. Mut dazu, sich selbst zu lieben – trotz vermeintlicher Makel. Sie bedauert ihren Eingriff. «Warum fühlen wir uns gezwungen, unserem Körper diese Dinge anzutun. Ich wusste immer, ich würde altern», so Evangelista.
Den Risiken einer Schönheits-OP muss man sich bewusst sein. Auch der Tatsache, dass das Ergebnis unter Umständen weniger zufriedenstellend ist, als der Ausgangszustand. Akzeptieren wollte Linda Evangelista die Zeichen der Zeit nicht. Heute weiss sie, es war ein fataler Fehler: «Ich erkenne meinen Körper nicht mehr, aber ich erkenne auch mich als Person nicht wieder.» Mit ihrem Geständnis setzt sie sich für mehr Natürlichkeit ein. Dazu gehört auch das Älterwerden. Tun wir es doch in Würde – mental und physisch.