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Jennifer Lopez tut es

Muss man echt ständig an der Beziehung arbeiten?

Jennifer Lopez war mit ihrem Verlobten, Alex Rodriguez, beim Paartherapeuten. Mann müsse ja ständig an sich arbeiten, hiess es in einem Interview. Aber ist das so? Wir fragen uns (und eine Paartherapeutin): «Müssen Paare denn wirklich andauernd an ihrer Beziehung arbeiten?»

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UNITED STATES - January 20: Jennifer Lopez kisses fiancé Alex Rodriguez after performing during the inauguration of Joe Biden on the West Front of the U.S. Capitol in Washington on Wednesday, Jan. 20, 2021. (Photo by Caroline Brehman/CQ-Roll Call, Inc via Getty Images)

Schon ok auch mal an der Beziehung arbeiten zu müssen, wenn das Ergebnis dann so aussieht wie bei Jennifer Lopez und Alex Rodriguez am Inauguration Day von US-Präsident Joe Biden im Januar 2021. Aber wie viel Arbeit liegt noch im Rahmen?

CQ-Roll Call, Inc via Getty Imag

Sich verlieben und heiraten, das schafft man noch irgendwie. Aber wie bleibt man zusammen, und zwar glücklich? Überall raten Expert*innen zu Beziehungsarbeit, von Anfang an – nicht erst, wenn es zu spät ist. Präventiv. Immer und immer wieder. Klingt nicht sehr romantisch. Eher anstrengend.

Täglicher Aufruf für die Liebe?

Aber wenn es selbst Jennifer Lopez und Alex Rodriguez tun? Traumpaare, die so entfernt und so unantastbar schienen. Wenn selbst solche Paare beim Reden über das Erfolgsrezept ihrer Beziehung Begriffe wie «Energie» oder «Investition» fallen lassen? Scheint, als würde die Partnerschaft immer mehr zum Projekt, genau wie die Karriere, der Hausbau und die Erziehung der Kinder. Wo bleibt der Kuschelfaktor, die Leidenschaft? Muss das sein? Muss Beziehung immer Arbeit bedeuten? Wir haben dazu und über das «sie lebten glücklich…» mit Dipl.-Psychologin Nicole Engel gesprochen.

Schweizer Illustrierte: Frau Engel, wie stehts um die ewige Liebe?
Nicole Engel: Nicht gut. 

Schade :(
Also, es hängt natürlich auch davon ab, an welchem Ort man sich befindet. Ich bin in Berlin. In einer Grossstadt. Da steht es eher schlecht um die ewige Liebe. Die vielen Möglichkeiten machen uns das Leben schwer. Unabhängig davon zeigt sich ausserdem, dass, je älter man ist, desto schlechter die Chancen auf die ewige Liebe stehen. Wenn man früh mit seinem Partner oder seiner Partnerin zusammenkommt, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass man für immer mit ihm oder ihr zusammenbleibt. Wenn man älter ist, ist man nämlich weniger kompromissbereit. Man steht mit beiden Beinen fest im Leben. Hat seine Ziele erreicht. Das gemeinsame sich Entwickeln, das gemeinsame Definieren von Zielen und das gemeinsam darauf Hinarbeiten, das fällt viel schwerer.

Was bedeutet es an der Beziehung zu arbeiten? Bedeutet das: Arbeit an sich selber, an den Erwartungen, die man an den Partner an die Partnerin hat oder Arbeit an dem oder der Partner*in? 
An sich selbst. Aber gemeinsam.

Wie helfen Sie als Paartherapeutin nun dabei, damit die Liebe nicht verwelkt?
Ich fördere offene Gespräche. Über Persönlichkeitsanteile und damit verbundenen Bedürfnissen und Motiven. Über Gefühle. Über Ziele. Das bildet die Grundlage für gegenseitiges Verständnis und Unterstützung. Es kann passieren, dass man sich auseinanderentwickelt. Jeder oder jede in seine oder ihre Richtung. Darum ist es wichtig, dass man sich immer wieder updatet. Wo stehe ich? Wo steht mein Partner oder meine Partnerin? Steht einer von uns beiden vor einer Entwicklungsaufgabe? Nehmen wir wieder das Beispiel der Hummels. Sie, Cathy, hat sich im Lauf ihrer Karriere regelmässig neu erfunden. Mal war sie Model, dann Influencerin, nun Moderatorin – solche Umorientierungen müssen zusammen mit dem Partner oder der Partnerin geschehen. Sonst entwickelt man sich in unterschiedliche Richtungen und verliert sich.

Gehört zur ewigen Liebe auch die Parole: durchhalten?
Ja. Durchhalten, aber nicht ertragen. Ertragen würde bedeuten, dass einem die Makel des Partners oder der Partnerin immer wieder ärgern. Jedes Mal, regt man sich darüber auf. Es brodelt. Im Stillen oder im lauten Streit. Und nichts ändert sich. Doch irgendwann wird es ausbrechen und dann ist es meist zu spät.

Man sagt auch: Heirate jemanden, an dessen Makel du dich gewöhnen kannst, denn ändern, wird er oder sie sich nie. 
Das stimmt. Man muss sich der Baustellen bewusst sein, die auftauchen können, wenn die rosa Brille abfällt. Man muss bei gewissen Themen kompromissbereit sein können. Partnerschaft erfordert häufig, Kompromisse einzugehen, eigene Bedürfnisse in gesundem Mass zurückzustellen und eine faire Ausgewogenheit zwischen eigenen Wünschen und Ansprüchen und denen des Partners zu finden. Jeder kann ein Stück weit an sich arbeiten, ein grosser Teil der Persönlichkeit ist jedoch genetisch bedingt.

Wieviel Arbeit ist zu viel Arbeit? Wieviel Kompromiss ist Selbstaufgabe?
Kompromisse sind nicht unbedingt etwas Negatives. Denn die beste Lösung ist vielleicht eine neue. Oder auch mal den Gefühlen oder den Bedürfnissen des jeweils anderen den Vorrang zu geben. Natürlich gibt es Konstellationen, die mehr Arbeit erfordern, als andere. Man muss das individuell für sich entscheiden und sich fragen: «Könnte es nicht einfacher sein?» Die gemeinsame Entwicklung endet zwar nie. Und es gilt immer neue Schritte zu bewältigen. Doch ab und zu müssen Phasen eintreten, wo es einfach schwingt.

Ist Beziehungsarbeit wie Hausarbeit (Stichwort: Sisyphus) oder wie Gartenarbeit (mal blühen die Rosen, mal muss man sie zurückschneiden)? 
Lasst es uns anders nennen. Nennen wir es Entwicklung. Beziehungsentwicklung. Denn man durchläuft zusammen verschiedene Etappen, entwickelt sich gemeinsam weiter. Das Wort Arbeit ist so negativ behaftet. Dabei ist es wichtig, dass man ab und zu aneinander gerät und etwas ausdiskutiert. Denn: Konflikte schaffen Reibung. Reibungen erhalten die Spannung, sind ein Zeichen von Leidenschaft und Leidenschaft bedeutet Liebe. Alles andere hiesse, man erträgt sich nur noch.

N.E.

Dip.-Psych. Nicole Engel, PSYCHOLOGICUM Berlin.

Nicole Engel

Und ihr? Was macht ihr? Durchhalten oder ertragen? Arbeiten oder entwickeln?

Von Rahel Zingg am 1. März 2021 - 15:50 Uhr