Das Gewusel aus Fotografinnen, Besuchern und Models war schon mal genauso wie immer. Letzte Woche in Mailand – und nun hat sich der Fashion Month zum Finale nach Paris verschoben. Hier hält man Ausschau nach den kommenden Trends. Auf den Laufstegen der Designer*innen. Auf den Strassen an Influencer*innen. Hier zählt eigentlich: das Bild – nicht die Botschaft.
Doch gerade sieht man überall Solidaritätsbekundungen in Form von Schildern oder auf Händen getragenen Ukrainischen Flaggen. Vor Ort, auf den Strassen der Modewochen. Oder dann daheim auf Instagram.
Aber: Ist das Drumherum zu glamourös? Sind die Gebilde, die die Botschaft transportieren, zu schillernd? Kann man «schnell» Solidarität bekunden und sich dann in die Shows von Luxuslabels wie Versace oder Prada setzen? Passt das zusammen? Dazu ein kurzer Exkurs. Einer ins Pop-Geschäft (auch sehr glamourös) und zu den sich darin bewegenden Künstler*innen (auch mit sehr grossen Bühnen). Ein Erklärungsversuch:
Keine Botschaft ist eine Botschaft
Musik und ihre Interpret*innen verfügen über eine Art sanfte Power. Musik kann zwar nicht direkt Gesetze ändern oder das Klima… Aber wenn Dua Lipa singt, sie sei ein «female alpha» («Future Nostalgia», 2020), fühlen wir uns empowered. Und weiter hat Popqueen Beyoncé schon 2014 bei einem Auftritt während der MTV Music Awards einen feministischen Aktivismustrend eingeläutet und legte zwei Jahre später mit «Lemonade» ein zutiefst politisches Album vor. Zusammengefasst sind das Beispiele von Popstars und ihrer symbolischen Wirkung. Sie können Bewegungen auslösen, anführen und fungieren als Vorbilder.
Popkünstlerinnen ohne Botschaft einfach unbedarfte Massenunterhalterinnen zu nennen, ist falsch. Massenunterhaltung ist niemals einfach unbedarft. Selbst die Abwesenheit von einer klaren Positionierung, ist eine Positionierung. Manchmal sogar die klarste überhaupt. Wir nehmen es ihnen übel, wenn sie – wie Taylor Swift im Jahr 2017 – nicht am Women’s March teilnehmen, denn: Das ist ja wohl völlig unsolidarisch. Katy Perry, Rihanna oder Miley Cyrus waren übrigens alle dabei. Wir wollen ein Gesamtkunstwerk. Wir wollen auf allen Ebenen überzeugt werden. Wir wollen hören, was sie denken, fühlen, mögen, wollen. Daran haben wir uns gewöhnt.
Sanfte Power für alle
Social Media hat mittlerweile allen (auch Privatpersonen) eine solche sanfte Power verliehen. Egal wo, egal bei welchem Anlass: Man positioniert sich. Auch von Nicht-Prominenten erwarten wir, dass jede*r seine oder ihre Plattform nutzt. Besucherinnen, die die Fashion Weeks als Gelegenheit sehen, um ein Statement zu setzen, sind natürlich keine Prophetinnen. Einverstanden. Popstars auch nicht. Klar. Die können die Welt nicht allein verbessern, geschweige denn retten, und darum ist es keine Überraschung, dass sie es auch nicht tun. Verstanden.
Aber die Modewochen erzeugen nun mal Aufmerksamkeit. Sie sind eine Bühne. Eine die man nutzen sollte, wenn man sich auf ihr bewegt. Sich dort zu präsentieren, bringt eine gewisse Verantwortung – oder sagen wir: Verpflichtung – mit sich. Man muss die Welt ja nicht via Social Media, während der Fashion Week oder als Popstar auf der Bühne verbessern. Aber zumindest versuchen sollte man es.