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Wohlfühllüge

Selbstoptimierung und Selbstliebe – wann sind wir optimal genug?

Sei die beste Version deiner Selbst! Im Kontext Self-Care wird gerade alles zu einer Religion und bis aufs Letzte ausgeschöpft. Aber, wenn Selbstoptimierung der Weg ist – ist Selbstliebe dann das Ziel?

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Kampagnenbild Skims by Kim Kardashian West

Den Körper so lieben, wie er ist. Schöner Gedanke. Zerstört den Kim Kardashian mit ihrem Selbstoptimierungswahn?

Skims Instagram / Fotografin: Vanessa Beecroft

Das Idealbild einer Frau war noch nie divers. Ich wette, wir zeichnen von der zuletzt amtierenden Version alle das gleiche. Die ideale Frau ist dünn. Sie hat glänzendes Haar und ein Gesicht, das dafür gemacht wurde, angesehen zu werden, aber unfähig zu sein scheint, Pickel zu produzieren. Sie liegt ständig an Stränden rum, isst mit ihren fotogenen Freunden, fotogenes Essen. Seht ihr sie schon?

Das Ding ist nur: Sie ist nicht mehr ganz so beliebt. Sie steht für eine Idee der Gesellschaft, die nicht der Realität entspricht. Und darum wurde sie zu Fall gebracht (siehe Beispiel Victoria’s Secret). Zu Gunsten der Authentizität sowie der Selbstliebe. Wer nun aber meint, man kann sich jetzt – unabhängig vom BMI – unbeschwert selbst lieben und gut ist (Ziel erreicht!), der irrt. Die Self-Love-Bewegung hat nämlich auch die Selbstoptimierung mit sich gebracht. Sich optimieren, obwohl man sich so liebt, wie man ist? Geht das überhaupt? 

Liebe dich selbst

Es heisst jetzt: alle Körper sind schön. Das ist nämlich der Claim der Bodypositiv-Idee. Eine Idee, die bisher hauptsächlich online und dort hauptsächlich auf Instagram zelebriert wird. Sie sieht vor, dass man seinen Körper liebt, auch, wenn er nicht dem klassischen Schönheitsideal entspricht. Ein Aufruf also, zu mehr Selbstliebe. Wie schön das klingt. Body Positivity bietet aber noch lange keinen Grund, ab jetzt einfach auf der faulen Haut zu liegen. Stichwort: Selbstoptimierung. 

Selbstliebe mit einem Aber 

Das Statussymbol des vergangenen Jahrzehntes war: Die stetige Selbstoptimierung durch Self-Care. Eine Art Selbst-Pflege. Damit ist nicht die basale Selbstversorgung gemeint, die zum Leben der Meisten dazu gehört – Essen, Hygiene und Schlafen –, sondern, was über alldem steht: Das Ziel, die beste Version seiner selbst zu sein. Easy. Lässt sich auch überall und immer anwenden. Optimiert werden nämlich nicht nur wir selbst, sondern auch die Situationen, in denen Optimierung möglich ist.  

Nehmen wir beispielsweise ein Vollbad. Da lauern viele Chancen seinem bestmöglichen Selbst etwas näher zu kommen. Meditieren, peelen, Nägel feilen – einfach nur im warmen Wasser liegen, liegt nicht drin. Wer nicht mindestens zwei Körperteilen gleichzeitig Erholung und Optimierung gönnt, hat den Moment der Ruhe schlicht nicht effizient genug ausgenutzt. Ach, Sie liegen da einfach nur in der Wanne? Sie schlafen einfach nur? Das ist ja so super ineffiezient und unmodern. 

Optimiere dich selbst

Kim Kardashian West ist vermutlich momentan das beste Beispiel für Selbstoptimierung. Auch ganz von den invasiven Methoden wie Lipfiller, Botox, und so weiter abgesehen, macht sie alle Methoden, wie sie die Kontrolle über jeden Aspekt ihres Erscheinungsbildes übernimmt, zu Geld. Die Amerikanerin funktioniert als Brand, lanciert praktisch im Minutentakt neue Produkte – aber ihre Selbtvermarktungs-Skills als Superkraft sind eine andere Geschichte.  

In dieser hier sprechen wir von ihrer Body Foundation. Dem Make-up für den ganzen Körper quasi. Und von ihrer ersten Shapewear-Linie (aka figurformende Unterwäsche) unter dem Namen Skims. Deren Angebot umfasst figurformende, nudefarbene Unterwäsche in einer Grössen-Bandbreite von ganz, ganz klein bis XXXXL und in neun verschiedenen Hauttönen. Absolut divers und so dem Zeitgeist entsprechend. 

Da spricht auf den ersten Blick nichts dagegen. Ausser, dass Shapewear einem einzigen Zweck gehorcht: zu straffen, unerwünschte Fülle wegzudrücken oder abzuflachen und Kurven an erwünschter Stelle zu betonen. Und voilà: Da haben wir jetzt den Salat. Kann man ganz im Sinne der Body Positivity und der Selbstliebe seine Kurven mögen und gleichzeitig etwas tragen, was diese bändigt, respektive in die «richtige» Form bringt?  

Shapewear-Plage  

Dass Selbstliebe und Selbstoptimierung auf den ersten Blick völlig konträr erscheinen liegt daran, wie wir den Begriff Selbstliebe definieren. Es geht bei dieser Liebe nämlich nicht um die mit dem Vogelgezwitscher, den Blümchen, den Prinzen und der Prinzessinnen. Es handelt sich dabei nicht um das Gefühl, sondern um die Handlung. Darum, was du für andere und eben auch dich selbst tust. Es geht darum, alles zu tun, was dein Leben angenehmer macht.

Mal die Kirche im Dorf lassen 

Klar, mich bringen die zahlreichen Instagram-Gurus, die hinter jeder Ecke lauern regelmässig dazu, dass ich mich in Green-Smoothies aus Sellerie und Spinat ertränken möchte. Trotzdem soll sich niemand dafür rechtfertigen müssen, wenn er oder sie gerne mit einem selbst gemixten Saft in den Tag startet oder Formwäsche unter dem Kleid trägt. Wenn es sich gut anfühlt, fühlt es sich gut an. Soll jeder selber wissen. Solange klar ist, dass sich die Formel für Vollkommenheit nicht auf dem Pflege-Etikett der Bauchwegunterhose findet, sehe ich da keine Probleme. 

Von Rahel Zingg am 20. Februar 2020 - 14:47 Uhr