Erst kürzlich sprach ich mit einem Freund über den Frauenstreik. Zu meiner Verwunderung – eigentlich dachte ich immer, dieser Freund habe mehr auf dem Kasten – erntete ich von ihm für meine Meinung leider weder Zuspruch, noch jegliche Unterstützung. Im Gegenteil. Feminismus, das sei doch nur eine Trenderscheinung. Ernst nehmen würden das nur die «Hardcore-Feministen» mit Achselbehaarung. Für uns (Moderedaktorinnen) sei der Frauenstreik doch eher eine Party als alles andere. Zum krönenden Abschluss folgte der Satz: ‹Du und deine Kolleginnen seid feminin, aber doch keine Feministinnen.› Für mich ist genau so eine Situation der beste Beweis dafür, dass Sexismus auch heute noch real ist.
Ich sage offen meine Meinung und versuche gern mal, meine Anliegen durchzusetzen. Immer wieder muss ich feststellen, dass ich vielen männlichen Kollegen, besonders aber Vorgesetzten, deswegen ein Dorn im Auge bin. Oft genug wurde versucht, mich in meine Schranken als Frau zu weisen. Eine Aussage beim Jahresgespräch mit einem ehemaligen Vorgesetzten fasst dies auf den Punkt zusammen: Nach vielen Lobworten über meine Arbeit und nett gemeinten Aussagen wie ‹Ich kenne keine Frau, die so gut mit Excel umgehen kann wie du›, kam dann doch ein Kritikpunkt. ‹Wenn ich etwas bemängeln müsste, dann, dass du zu selbstbewusst bist. Du könntest etwas sanfter sein.› Kurze Zeit später wurde ich ohne Begründung organisatorisch umpositioniert und einer Frau unterstellt. Komischerweise konnte sie, auch auf Nachfragen, überhaupt nicht verstehen, was damit gemeint war. Sie war stets sehr dankbar für mein Feedback.
Wie oft mir in der blanken Öffentlichkeit schon an den Arsch gefasst wurde, kann ich gar nicht mehr zählen. Einmal hat Mann mir sogar in den Arsch gebissen. In meiner eigenen WG. Und nein, ich hatte weder drum gebeten, noch war es für die Situation irgendwie angemessen (es handelte sich um den Freund meiner Mitbewohnerin). Im Job hatte ich dagegen bisher fast immer das Glück, grösstenteils von Frauen umgeben zu sein. Trotzdem läuft einem natürlich hier und da immer mal wieder ein Trottel über den Weg, der sich nicht mal Mühe gibt auch nur so zu tun, als würde er mich Ernst nehmen – ich bin schliesslich blond und mache was mit Mode.
Zweimal hatte ich bisher einen direkten, männlichen Chef. Der eine – ein junger Vollidiot, der sich den Traum vom Berliner Start-up erfüllte (inzwischen gescheitert, klar) – wollte mich für ein Brainstorming ganz dringend vom Büro in seine Wohnung lotsen. Einen triftigen Grund gab es dafür nicht. Bis auf die ungestörte Zweisamkeit in seiner Wohnung eben.
Der andere – hatte eigentlich was auf dem Kasten, aber ab und zu im Büro vor aller Augen mal seine Freundin auf dem Schoss – hatte, nun ja, im Büro ab und zu mal seine Freundin auf dem Schoss. Respektspersonen sehen irgendwie anders aus.
Ich liebe Mode und Beauty, gehe in den meisten Fällen geschminkt aus dem Haus und bin relativ jung verheiratet. Klingt nach dem Bild der Antifeministin schlechthin? Für einige meiner Bekannten – und das betrifft nicht nur die Männer – auf jeden Fall. So muss ich mir jedes Mal etwas anhören, wenn ich mich über Lohnungleichheit, Diskriminierung am Arbeitsplatz oder der Bevorzugung von Männern in gewissen Lebenslagen aufrege. Wie das alles zusammenhängt? Tja, das würde ich auch gerne wissen. Dumme Kommentare wie ‹du siehst zu gut aus, um Feministin zu sein›, machen mich wütend und wenn ich mit fundierten Beispielen erkläre, worum es mir geht, werde ich nicht ernstgenommen oder einfach als Mitläuferin abgetan, weil es gerade «in» ist, sich für Gleichberechtigung einzusetzen. Wisst ihr was? Auch wenn ich mich selbst nicht zu dieser Gruppe zählen würde, finde ich das nichts Schlechtes. Die Beweggründe, sich über das Thema zu informieren, sind eine Sache. Sieht man aber einmal, wie viel es immer noch zu tun gibt, bis Frauen und Männer gleichgestellt sind, wird jeder und jedem klar, dass es Feminismus braucht. Und zwar von Männern und Frauen. Damit endlich jeder so sein kann, wie er gerne sein möchte.
Ich habe mich mit zwei Männer über Organspende unterhalten und wir waren alle drei gleich stark in die Diskussion involviert (ich habe eine ausgeprägte Meinung dazu). Irgendwann mischte sich die Frau des einen Mannes ein und meinte, das nächste Mal sollen sie mit mir über «Fashion» sprechen, damit ich auch etwas von der Unterhaltung habe und mitreden kann.
Es war zum einen natürlich allgemein voll daneben, aber auch extrem peinlich, weil ich eigentlich immer Medizin studieren wollte und genau daraus die Unterhaltung auch entstand. Was ich das Schlimmste daran fand, wadass die Aussage von einer Frau kam.
Ich darf mich da keinesfalls rausnehmen: Als ich einmal auf Google nach irgendwelchen sinnlosen Dingen suchte, war das kleine bunte Logo voller Fahnen und Fussbälle. Wie, dachte ich, was hab ich jetzt da verpasst? Ich habe auf das Logo geklickt und siehe da: Frauen-WM. Und wer schaut das? Ich irgendwie nicht. In meinem Umfeld beschränkt sich das Interesse auf eine einzige Freundin, die selbst Sport ihren Beruf nennt. Warum herrscht bei Männer-Turnieren, wie aktuell der EM, dagegen Ausnahmezustand? Da wird die Arbeit vernachlässigt, jeder Hinterletzte wird patriotisch. Haben Frauen keine Public Viewings verdient? Hmm, ich habe mich selbst dabei ertappt, dass ich dachte, mir würden da die heissen Boys fehlen. Also bitte. Lächerlich. Viel wichtiger als zu schmachten wäre es doch, stolz zu sein. Auf die Frauen, die versuchen, sich ihren Weg nach oben zu kämpfen. Oder da schon längst angekommen sind und darauf warten müssen, dass wir endlich checken, dass Frauen-Fussball MINDESTENS genauso spannend ist wie Männer-Fussball. Das Gleiche gilt übrigens für alle Sportarten. Hat schon mal jemand Frauen-Skispringen geschaut. Ist ziemlich bad ass eigentlich.