1. Home
  2. Body & Health
  3. Mind
  4. Wann und wo haben wir den Spass am Baden verloren?
Entspannung passé

Wann und wo haben wir den Spass am Baden verloren?

Irgendwann war ein üppig schäumendes, wohlduftendes Bad mal dazu da, uns die ultimative Entspannung zu liefern. Heute müssen wir währenddessen Netflixen und kreuz und quer durch Instagram sliden. Aber wieso können wir – selbst in der Wanne – nicht mehr einfach nur ganz für uns sein?

Artikel teilen

Mar 23, 1990; Los Angeles, CA, USA; Actress JULIA ROBERTS stars as Vivian Ward in the Touchstone Pictures romantic comedy, 'Pretty Woman.' Directed by Gary Marshall. Mandatory Credit: Photo by Touchstone Pictures/ZUMA Press. (©) Copyright 1990 by Courtesy of Touchstone Pictures

1990 hatte Julia Roberts noch sichtlich Spass am Baden. 

Dukas

Wir alle erinnern uns an die Szene, in der Julia Roberts aka Vivian Ward im Film «Pretty Woman» mit dudelndem Walkman in der randvollen Badewanne sass. Ähnlich legendär ist das Schaumbad von Chandler Bing (Matthew Perry) in der Kultserie «Friends». Was beide Charaktere gemeinsam hatten? Zur totalen Entspannung brauchten sie neben jeder Menge Schaum lediglich ein bisschen Musik.

Im Real Life sieht das heute anders aus. Höre ich mich in meinem Freundeskreis so um, scheint es nämlich, als würde niemand mehr das gute alte Bubble Bath würdigen – «zu warm», «zu langweilig», «unhygenisch», «unbequem» oder «waaahnsinnig umständlich», heisst es. Falls man sich doch mal wieder überwindet, steht selbstverständlich der Laptop in Sichtweite, das Smartphone ist griffbereit – es könnte ja 'ne wichtige Nachricht eintrudeln oder was Neues auf Instagram gepostet werden. Und auch ich selbst muss ich zugeben, dass ich zum «Badespass» regelrecht zwingen muss.

Fest steht: Während man ein heisses Bad früher als persönliche Auszeit empfand, sich sogar tierisch darauf freute, löst es heute eher Stress aus. Aber warum?

Durch Instagram, Netflix, und SMS haben wir schlichtweg verlernt, allein zu sein. Damit meine ich nicht physisch (durchs Web surfen geht nämlich super gut ohne Gesellschaft). Nein, mit allein meine ich ganz ohne Beschäftigung mit unseren Gedanken konfrontiert zu sein. Statt sich einfach mal mit uns selbst zu beschäftigen, lenken wir unseren Geist lieber ab. Und das funktioniert heutzutage eben rund um die Uhr ganz wunderbar: Abends segeln wir vor der neuesten Serie in den Schlaf, am Morgen checken wir als erstes die wichtigsten News und scrollen hinterher noch schnell durch Insta. Haben wir nach der Arbeit nicht gerade ein Date mit Freunden, geht’s auch schon wieder von vorne los – wir sind förmlich süchtig nach Entertainment. Kein Wunder also, dass niemand von uns mehr ein Bad geniessen kann.  

Entspannen neu lernen

Setzen wir uns nach der konstanten Bespassung also in eine Badewanne, kommt uns das natürlich schnell sterbenslangweilig vor. Im schlimmsten Fall hören wir dann auch noch die letzten Tropfen vom Hahn ins Wasser plätschern und die Strassenbahn am Haus vorbeirauschen. Statt vor Langeweile aber gleich den Laptop wieder aufzuklappen, sollten wir uns lieber ein Beispiel an unseren Leinwandhelden nehmen und Musik anschmeissen. Schliesst die Augen, lauscht den Klängen eurer Lieblingsband und schon – ihr werdet es kaum glauben – wird euer Bad einem überteuerten Digital-Detox-Retreat gleich. Um dem Alltag mal wieder ein bisschen mehr zu entfliehen, dient ein warmes Bad nämlich doch als eine gute Option. Und hey, es muss ja nicht gleich eine ganze Stunde sein, die ihr in der Wanne verbringt. 15 Minuten reichen für den Anfang. Ihr werdet sehen, eine kleine Auszeit vom Non-Stop-Entertainment tut am Ende eben doch gut.

 

Von Denise Kühn am 15. Januar 2020 - 15:25 Uhr