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Diese Chefs haben mehr als 1000 Jobs zu vergeben

Taco de Vries ist CEO, Andreas Schenk Operational Director von Randstad Schweiz – einem der grössten Personaldienstleister der Welt. Die beiden Job-Profis verraten, wie man in der Corona-Krise eine Stelle findet.

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Taco de Vries, 54, (r.) ist seit 2016 CEO von Randstad Schweiz. Andreas Schenk, 52, waltet als Operational Director und ist Mitglied der Geschäftsleitung.

Nik Hunger

Wie haben Sie die letzten Wochen und Monate erlebt?
Taco de Vries: Zu Beginn von Corona gabs viele Unternehmen, die quasi
über Nacht ihren Betrieb einstellen mussten. Ein grosses Thema war und ist, die Sicherheit der Mitarbeitenden zu gewährleisten. Bei unseren Kunden herrschte auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite grosse Unsicherheit, was die Kurzarbeit angeht. Für uns war das spannend, aber auch herausfordernd.

Stimmt es, dass die Krise temporäre Mitarbeiter besonders hart trifft?
Andreas Schenk: Temporärmitarbeiter weisen naturgemäss eine hohe Flexibilität auf. Wir stellten vor allem eine Verschiebung fest: Einerseits gab es Branchen, die stark unter Druck gerieten, andererseits hatten andere plötzlich einen Riesenbedarf an Arbeitskräften.

Welche Branchen boomen denn?
Da reden wir unter anderem von systemrelevanten Branchen: Lebensmittel inklusive Transport und Logistik sowie die IT-Branche. Andererseits auch der ganze Online-Handel.

Kommen jetzt sogar mehr temporäre Mitarbeiter zum Zug?
Schenk: Der Anteil an Flexibilität hat schon vor Corona zugenommen. In
unserer globalisierten Welt haben die Unternehmen einen Zeithorizont von drei bis sechs Monaten.

De Vries: Ob das über temporäre oder andere Arbeitsformen abgedeckt wird, werden wir noch sehen. Das kann auch Freelancing oder Outsourcing sein. Früher hat man aufs Jobprofil geachtet, heute schaut man viel mehr auf Fähigkeiten der Bewerber.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer? Welche Skills sind in einem so volatilen Umfeld besonders gefragt?
Schenk: Heute ist die Sozialkompetenz von Bewerbern entscheidend. Empathie, Kommunikation, Teamfähigkeit. Als Arbeitnehmer muss man sich fragen, mit welchem Unternehmen gibts einen Match. Wer verfolgt eine Unternehmenskultur, die zu mir passt?

Das tönt ja wie Tinder. Finde ich künftig einen Job wie einen Partner?
De Vries: Tatsächlich haben wir so was schon mal probiert. Aber wir waren zu früh. Heute könnte das funktionieren.

Empathie zeigen, um einen Job zu bekommen, klingt nett. Aber werden in der Krise nicht die Ellbogen ausgefahren?
Schenk: Das war bei uns noch so. Die junge Generation hat eine ganz andere Vorstellung davon, wie man sich in einer Unternehmung positioniert. Wir haben vielleicht noch geellbögelt …
De Vries: … die Art und Weise zu kommunizieren, ist heute eine andere. Die Erwartungen, dass alles Realtime ist. Gleichzeitig haben die jungen Leute oft die Fähigkeit verloren, in einer formellen Art und Weise zu kommunizieren.

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Die SI Jobbörse ist eine publizistische Initiative der Schweizer Illustrierten und entstand in Zusammenarbeit mit unseren Partnern Randstad, Dear Foundation Solidarité Suisse und Jobcloud.

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In der Chefetage sitzt aber noch die alte Garde!
Schenk: Das ist das Dilemma. Wir haben immer noch eine Führungsriege, die althergebracht ist. Deren traditionelle Wertvorstellung wandelt sich gerade in einem exponentiellen Tempo.
De Vries: Gleichzeitig müssen wir versuchen, Mitarbeiter an uns zu binden, die 20, 25 Jahre jünger sind als die heutigen Chefs.

Müssen sich also jetzt die Älteren den Jungen anpassen?
De Vries: Mit der Digitalisierung entstehen ständig neue Businessmodelle. Wir alle müssen uns permanent anpassen. Die Welt ist voller Opportunitäten: Es geht darum, wer sich am schnellsten neuen Situationen anpasst.

Was raten Sie einem Ü55, der auf Jobsuche ist?
De Vries: Die Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe ist nicht höher als in anderen. Aber natürlich haben die Älteren eine eingefahrenere Haltung. Und an der muss man arbeiten! Die Chancen sind nicht geringer, aber es ist tatsächlich eine Frage des Mindset: Wie offen bin ich, noch etwas zu lernen?

Wird da Erfahrung nicht zu wenig wertgeschätzt?
Schenk: Wir stellen ein Umdenken fest bei den Unternehmern, die erkennen, dass ein Mitarbeiter mit einer grösseren Erfahrung einen Mehrwert bieten kann. Die Frage ist aber oft, ob dieser Kandidat bereit ist, zunächst einmal in einem temporären Verhältnis zu arbeiten. Dafür sind Ü55 dann aber oft zu festgefahren.

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Anrede

Konkret: Was sagen Sie einem arbeitslosen Koch?
Schenk: Dasselbe wie allen anderen auch: Er soll sich überlegen, was die nächsten Schritte sind. Kann ich mich beruflich neu orientieren, arbeite ich temporär? In der Lebensmittelindustrie etwa sind Köche gefragt. Von Haus aus sind sie flexibel und darum heute gut zu vermitteln. Zum Beispiel in der Landwirtschaft, weil da ein grosser Bedarf herrscht. Bei Köchen ist die Affinität zu den Produkten ja schon da.

Wie ists mit Schauspielern, die als Erntehelfer jobben? Ist das sinnvoll?
Schenk: Ich glaube, das ist das Beste, was man machen kann. Wichtig ist, im Arbeitsprozess zu bleiben. Das ist auch psychologisch entscheidend. Auf der anderen Seite hat das auch einen Mehrwert, weil ein Schauspieler so in eine neue Branche hineinsieht. Und das bringt ihm in seiner schauspielerischen Tätigkeit vielleicht wieder einen Nutzen. Dass jemand deswegen einen Karriereknick erlebt, wäre mir neu.

Temporär zu arbeiten, hat aber immer noch ein schlechtes Image.
De Vries: 40 Prozent der temporären Mitarbeiter bekommen am Ende eine Festanstellung. Wir glauben sehr stark an uns Personaldienstleister, um die Wirtschaft zu unterstützen. Wir sind als Motor für die Wirtschaft in der Schweiz wichtig, um Chancen zu kreieren für Menschen, die vorübergehend keine Festanstellung haben.

Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt diesen Herbst?
De Vries: Schwierig zu sagen. Wenn ich die Swissstaffing-Zahlen anschaue, sind wir in unserer Branche bei minus 20 Prozent. Tendenziell geht es wieder nach oben. Einige KMU-Bereiche stehen schon weit über dem letzten Jahr. Automobilindustrie und Zulieferer in der Exportindustrie hingegen sind noch sehr vorsichtig. Auch die Uhrenindustrie kämpft.

Gibt es heute mehr Stellensuchende?
De Vries: Vor einem Jahr gab es einen Fachkräftemangel. Kandidaten konnten auswählen, für wen sie arbeiten möchten. Heute ist das eher umgekehrt: Es gibt mehr Kandidaten als Jobs. Wir gehen davon aus, dass dies in den nächsten Monaten so bleibt. Bewerber müssen wieder mehr kämpfen um eine Stelle. Das gilt für die meisten Branchen, ausser vielleicht Life Sciences oder IT. Dort ist die Nachfrage nach wie vor gross.

Wer sich also jetzt weiterbilden möchte, wählt die IT?
Schenk (lacht): Das wäre eine Möglichkeit. Aber ich sage immer, man soll das Herz sprechen lassen. Und sich nicht darauf fokussieren, welche Branche unmittelbar Zukunft hat. Mittelfristig muss jeder auf sich selber hören, und dann kommt es schon gut.

Gesetzt, Sie verlieren von heute auf morgen Ihren Job – was tun Sie?
De Vries: Ich würde schauen, was ich jetzt will. Stehe ich unter Druck, sofort wieder einen Job zu finden? Oder gebe ich mir etwas mehr Zeit, um herauszufinden, in welche Richtung ich gehen möchte? Dann würde ich meine Netzwerke aktivieren und vielleicht eine Umschulung machen.

In eine ganz andere Branche?
De Vries: Ich habe eine Ausbildung im Agrarsektor. Mein Herz schlägt noch immer für Bauern und ihre Produkte. Ich könnte mir schon vorstellen, dass sich in dieser Richtung mal was ergibt. Man weiss es nie.

Von Marlies Seifert und Werner De Schepper am 26. September 2020 - 08:55 Uhr