Jeden Monat fährt Ray Parker Jr. sicher zwei- bis dreimal mit seinem Jeep nach Hollywood und besucht seinen Stern auf dem Walk of Fame. «Die Touristen sind dann immer sehr überrascht, mich dort zu sehen», sagt der Musiker lachend im Interview mit der Schweizer Illustrierten. Doch für ihn ist dieser Stern, den er 2014 bekommen hat, die grösste Auszeichnung überhaupt.
Seit seinem Welterfolg 1984 mit der Titelmusik «Who You Gonna Call?» zum Geisterfilm «Ghostbusters» hat der Komponist ausgesorgt. «Einfach jeder kennt den Song», sagt er stolz. Obschon Ray Parker Jr. noch viele andere Hits geschrieben hat, ärgert es ihn überhaupt nicht, immer auf dieses eine Lied angesprochen zu werden. «Warum auch? Das wäre, als würde ich mich für den Sechser im Lotto schämen.»
Bereits als kleiner Junge träumte er davon, als Musiker Karriere zu machen. Und als er nach einem schweren Velounfall von seinem Onkel seine erste Gitarre bekam, verbrachte er jede freie Minute in seinem Zimmer und übte. Es waren damals gefährliche Zeiten in Detroit. Zwischen Weiss und Schwarz galt strikte Rassentrennung, und Unruhen waren an der Tagesordnung. Nicht nur einmal wurde Ray von der Polizei völlig grundlos schikaniert und verprügelt. «Ich wusste, wenn ich als Gitarrist gut genug werde, ist das mein Weg raus aus dieser craziness!», erinnert sich Parker Jr.
Sein Vater hingegen hat andere Pläne für seinen Sohn. Der Fabrikarbeiter will unbedingt, dass Ray als Erster der Familie ein College besucht. «Doch das war nie mein Traum.» Konsequent verfolgt Ray seine Musikkarriere und bekommt bereits als 15-Jähriger seinen ersten Vertrag als Studiomusiker beim Plattenlabel Motown. «Detroit war damals das Land der Möglichkeiten.» Schon bald spielt er für Musikgrössen wie Marvin Gaye und Stevie Wonder. Als 18-Jähriger begleitet er Letzteren sogar auf Welttournee mit den Rolling Stones. «Stevie war Familie. Er hat mich gelehrt, Songs zu schreiben und zu arrangieren», sagt Parker Jr. Zusammen schreiben sie Hits wie «Superstition» – Rays Gitarrenintro ist revolutionär.
Doch der junge Mann aus Detroit will mehr. Er hat genug davon, immer im Hintergrund zu stehen. «Ich wollte einfach nach Kalifornien, wo die Sonne scheint und das Musikbusiness zu Hause ist.» Er ist davon überzeugt: «Ich werde es schaffen!»
Tag für Tag setzt er sich mit seiner Gitarre vor die grossen Musikstudios und blockiert die Eingangstür. «Ich ging nicht weg, bis mir jemand zuhörte», erzählt er. Und seine Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Der Hitproduzent Clive Davis wird auf den selbstbewussten Musiker aufmerksam, und schon bald macht der US-amerikanische Soulsänger und Musikproduzent Barry White ihn zum Sideman im Orchester. «Ich war davon überzeugt, dass ich der beste Gitarrist der Welt bin. Und ich sagte es jedem, der es hören wollte oder auch nicht.» Seine damaligen Weggefährten lachen heute noch über sein Riesenego. Einzig Rays Mutter ist von seinen Erzählungen mässig begeistert. «Sie fragte immer, warum nicht mein Name auf den Platten stehe, wenn ich angeblich so erfolgreich sei.»
Also gründet der 23-Jährige seine erste eigene Band Raydio mit ihm als Frontman. Und schon ein Jahr später landet er mit «Jack and Jill» einen ersten grossen Hit. Weitere folgen, doch Rays Eltern werden schwer krank, und der Musiker will sich um die beiden kümmern. Er sagt alle Konzerte und die geplante Tournee ab, und die Band löst sich auf.
Bis Hollywood anruft und die Macher des geplanten Geisterfilms «Ghostbusters» auf Ray Parker Jr. zukommen. Sie sind in Panik, weil zwei Monate vor der geplanten Premiere immer noch kein Titelsong steht. «Die Melodie hatte ich schnell, doch der Deal war, dass ‹Ghostbusters› im Text vorkommt. Das hat mir schlaflose Nächte bereitet», erinnert sich der Komponist. Der Rest ist Geschichte. Nicht nur der Film wurde ein Welterfolg. Auch der Soundtrack ist wochenlang auf Platz eins der Hitparade – und das in 52 Ländern. Mehr als zehn Millionen Platten werden allein in den ersten drei Monaten weltweit verkauft. «Es war der absolute Wahnsinn!»
Ray Parker Jr. weiss, dass er seinen Erfolg einzig seinen Fans zu verdanken hat. «Ohne sie wäre mein Traum nie in Erfüllung gegangen», sagt er. Da- rum nimmt er sich auch heute ganz viel Zeit für Autogramme, Selfies und – einmal alle zusammen: «Who you gonna call? Ghostbusters!»
Das 16. Zurich Film Festival findet vom 24. September bis zum 4. Oktober 2020 statt. In diesem Jahr freuen wir uns auf Gäste wie Juliette Binoche oder Til Schweiger. Alle Infos zum grossen Filmfest, Tickets und das Festivalprogramm zum Downloaden gibt es hier.