«Entschuldigung, es ist ein Notfall!», steht auf einem der vielen Plakate, welche die Demonstranten am Dienstagnachmittag vor dem Bundeshaus in die Höhe halten. «Klimaschutz ist kein Verbrechen!», skandiert Simon Schöb, 19. Der KV-Praktikant ist aus Basel angereist. Und empört sich darüber, was «gewisse rechte Parteien» über die Demonstrierenden zu Buche geben. «Wir sind keine manipulierten Öko-Kommunisten. Wir sind Menschen, die sich Gedanken machen. Und wir engagieren uns für das Allerwichtigste überhaupt: unsere Umwelt.»
Sechzehn Forderungen aus den Bereichen Landwirtschaft, Infrastruktur und Energie, Demokratie, Klimagerechtigkeit und dem Finanzsektor stellen die Klimaaktivisten in einem Pamphlet. Geografie-Studentin Fabienne Rigert, 21, nutzt die Coronaschutz-Massnahmen für ein Statement. Auf ihre schwarze Maske hat sie mit Silberstift «Konzernverantwortung» geschrieben.
«Ich sehe überall rote Warnlichter blinken, die mir Angst machen. Von der Politik und der Wirtschaft fühle ich mich allein gelassen.»
Sie schliesst sich den Demonstrierenden in den Vorlesungs-Pausen an. «Der Fokus meines Studiums liegt auf nachhaltiger Entwicklung – es wäre wohl etwas ironisch, wenn ich da Vorlesungen schwänzen würde», meint sie. Sie ist vor allem auf dem Bundesplatz, um ein Zeichen zu setzen. «Ich sehe überall rote Warnlichter blinken, die mir Angst machen. Von der Politik und der Wirtschaft fühle ich mich allein gelassen», sagt sie.
Fabienne appelliert aber auch an jeden Einzelnen, sich selbst zu hinterfragen: «Wir sollten uns doch mal überlegen, wie es sein kann, dass wir von Lebensmittel bis zum T-Shirt alles zu Schleuderpreisen kaufen können. Da wird nicht nur unsere Umwelt ausgebeutet, sondern auch Menschen. Unser Verhalten und unser Schweigen unterstützen das. Dies muss aufhören!»
Dass sie an einer illegalen Veranstaltung teilnehmen, ist für die meisten kaum ein Thema. «In einer Demokratie muss man sich ausdrücken können», sagt Thomas Guibentif, 28, der für diesen «historischen Moment» extra aus Genf angereist ist. Auch den Zeitpunkt findet er genau richtig: «Man muss JETZT handeln. Denn nachher ist es zu spät!»
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch räumt die Polizei den Bundesplatz – indem sie jeden einzelnen Aktivisten wegträgt. Die Feuerwehr schneidet junge Leute, die sich angekettet haben, los. «Ich erhoffe mir einen Diskurs», sagte Studentin Fabienne Rigert Stunden zuvor. Ob man einen solchen so erreicht hat? Es wird sich zeigen.