Fast jede Woche stirbt in der Schweiz ein Kind an Krebs. Die Überlebensrate hat sich zwar seit den 1960er-Jahren bis heute von rund 30 auf 80 Prozent erhöht, doch das reicht nicht. Zudem leiden rund 80 Prozent der ehemaligen Kinderkrebs-Patientinnen und -Patienten an Spätfolgen der Krankheit und der aggressiven Therapie, welche ihre Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigen können.
Ein Grund dafür: Die meisten krebskranken Kinder werden mit Medikamenten behandelt, die für Erwachsene zugelassen sind. Und das, obwohl Kinder nicht an denselben Tumorarten leiden und anders auf die Therapien reagieren als Erwachsene. Der Dachverband Kinderkrebs Schweiz macht mit seiner aktuellen Sensibilisierungskampagne «Kinderkrebsforschung – Hoffen auf Heilung» auf die Herausforderungen bei der Behandlung von jungen krebskranken Menschen aufmerksam.
Diese liegen etwa in fehlenden finanziellen Mitteln und administrativen Hürden. Vor allem aber: Kinderkrebs gilt als seltene Krankheit. Während jährlich 40'000 Erwachsene an Krebs erkranken, sind es – im Verhältnis «nur» – 350 Kinder. Deshalb ist Krebs bei Kindern laut Kinderkrebs Schweiz für die Pharmaindustrie schlichtweg kein lukratives Geschäft. Diese Aussage stützt Nicolas Waespe, Oberarzt am Inselspital Bern und spezialisiert auf die Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher. In einem Interview zur Sensibilisierungskampagne sagt er: «Es ist für die Pharmaindustrie sehr viel weniger lohnend, Medikamente für kindliche Tumoren zu entwickeln, weil Krebs bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen so selten ist.»
Kinder- und Universitätsspitäler setzen jedoch trotz erschwerter Bedingungen alles daran, auch jungen Patientinnen und Patienten Zugang zu den besten Krebstherapien zu ermöglichen, die Heilungschancen zu erhöhen und die Nebenwirkungen der Behandlungen zu verringern.
So sollen neuartige Therapieansätze wie die sogenannte CAR-T-Zelltherapie nicht nur Erwachsenen helfen, sondern gelten gemäss Kinderkrebs Schweiz auch «als Hoffnungsträger in der Kinderonkologie». Sie haben den Vorteil, dass sie Krebszellen gezielter angreifen als eine Chemotherapie, welche auch gesunde Zellen schädigt. Wie Kinderkrebs Schweiz mitteilt, zeigen erste Studien beeindruckende Heilungserfolge bei Kindern mit bestimmten Krebsarten, die nicht auf Standardtherapien ansprechen oder einen Rückfall erleiden. Der Zugang zu diesen innovativen Therapien lasse jedoch oft auf sich warten.
Für Valérie Braidi-Ketter, CEO von Kinderkrebs Schweiz, ist deshalb klar: «Damit alle krebskranken Kinder und Jugendlichen in der Schweiz mit den bestmöglichen und modernsten Therapien behandelt werden können, ist eine aktive und finanziell abgesicherte Forschung, die auf diese spezifische Patientengruppe ausgerichtet ist, entscheidend.» Nur so können bestehende Behandlungsansätze optimiert und die Einführung neuer Therapien und Medikamente sichergestellt werden.