In vielen Schweizer Städten gehören sie mittlerweile zum Strassenbild: E-Trottinetts. Mit einer Handy-App entsperrt, sind sie im Nu einsatzbereit – einfach aufspringen und los gehts. Weil die Dinger so scheinbar beiläufig am Wegrand, auf dem Trottoir oder in der Einkaufsstrasse herumstehen, wirken sie beinahe wie Spielzeug.
Dass es sich bei diesem Gefährt allerdings nicht um ein Spielzeug handelt, wird uns spätestens nach Unglücksmeldungen wieder bewusst. Im Juli verunfallte in London die britische Youtuberin Emily Hartridge, † 35, tödlich. Die Influencerin war auf ihrem E-Trottinett unterwegs, als sie mit einem Lastwagen zusammenstiess. Ihre Fangemeinde ist erschüttert.
Auf einem E-Trottinett darf jeder fahren, der 14 Jahre oder älter ist. Zwischen 14 und 16 ist ein Führerschein der Kategorie M (Motorfahrräder) Pflicht, ab 16 ist das Fahren auch ohne Prüfung erlaubt. Seit dem 1. Februar 2019 ist in der Schweiz sogar das Fahren zu zweit gestattet.
Seither begegnet man immer öfter Erwachsenen, die ihre Kinder auf diese Weise von A nach B transportieren. Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Der auffälligste ist jedoch, dass in den meisten Fällen weder Kinder noch Eltern Helme tragen. Auch das spätere Todesopfer von London war ohne Kopfschutz unterwegs.
Da die Flitzer aufgrund ihrer Motorleistung und Geschwindigkeit bis maximal 20 km/h zu den Leicht-Motorfahrrädern gezählt werden, muss man sie auf dem Velostreifen oder der Strasse fahren, Trottoirs sind verboten. «Sein Kind im Verkehr auf einem E-Trottinett mitzuführen, kann sehr gefährlich werden. Deshalb raten wir davon ab», sagt Nicolas Kessler, Mediensprecher der Beratungsstelle für Unfallverhütung - bfu. Kessler denkt dabei an Situationen auf vielbefahrenen Strassen, in denen sich das Kind nicht gut festhalte oder einen Freund erblicke und spontan absteige. Situationen, in denen Kinder ohne Helm unterwegs seien, beunruhigen ihn. «Da keine Helmpflicht besteht, können wir nur dringend empfehlen, stets mit Kopfschutz zu fahren», sagt er.
Glücklicherweise ist es im deutschsprachigen Raum noch nie zu tödlichen Unfällen gekommen. Zahlreiche Schwerverletzte gab es hingegen schon. Nach einer Häufung der Unfälle wird in Köln aktuell darüber diskutiert, ob Fahrtrainings für E-Trottinetts eingeführt werden sollen. Auch Behindertenverbände klagen, dass E-Trottinetts für ihre Mitglieder zu Stolperfallen werden. Fahrer würden zu wenig Rücksicht auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität nehmen.
Nicolas Kessler von der bfu sind die Gefahren bekannt: «Einerseits ist da das hohe Tempo, das die Trottinetts gefährlich macht. Andererseits stellen Unebenheiten auf der Strasse ein grosses Problem dar. Aufgrund der kleinen Räder kommt es schnell zum Verlust des Gleichgewichts und so zu Stürzen.»
Weil es immer mehr Anbieter für leihbare E-Trottinetts gibt, wird derzeit im Bundeshaus in Bern darüber diskutiert, wie es mit den Gesetzen weiter gehen soll. Bis dahin gilt: Gesunder Menschenverstand kommt vor dem Kick.
- Erwachsene und Kinder: Tragt Helm sowie Handgelenk-, Ellbogen- und Knieschoner
- Führt keine Kinder auf viel befahrenen Strassen mit
- Benutzt die Geräte nur auf Nebenstrassen oder auf Privatareal
- Passt das Fahrverhalten eurem Können an
- Denkt daran: Es handelt sich nicht um Spielzeug, sondern um Verkehrsmittel