Dass ihre Kinder zu selbstbewussten und glücklichen Erwachsenen heranwachsen, ist das Ziel der meisten Eltern – und sie können entscheidend dazu beitragen, dass es auch erreicht wird. Der Schlüssel dazu heisst «Einfühlungsvermögen». Gemäss der Psychologin und Autorin Stefanie Stahl ist dies das «Königskriterium» der Erziehung.
Doch was ist mit Einfühlungsvermögen überhaupt gemeint? Stefanie Stahl beschreibt es in einem Artikel auf focus.de als «die Fähigkeit, sich aktiv in die Welt des Kindes hineinzuversetzen und seine Gefühle sowie Bedürfnisse zu erkennen». Dies ermögliche es, zu verstehen, was ein Kind gerade wirklich braucht. Und zwar unabhängig vom erwachsenen Blick und gesellschaftlichen Vorgaben. Gemäss der Psychologin schafft das elterliche Einfühlungsvermögen die Basis für eine sichere Bindung und stärkt das Urvertrauen der Kinder. Fühlen sie sich gesehen und verstanden, würden sie lernen: «Ich bin willkommen und werde so angenommen, wie ich bin.»
Regeln und Grenzen bleiben wichtig
Nun ist es zwar wichtig, dass Eltern Gefühle und Bedürfnisse ihrer Kinder wahr- und ernst nehmen. Das heisst aber nicht, dass sie ihnen alle Wünsche erfüllen und sich ihrem Willen beugen müssen. Stefanie Stahl sagt dazu: «Einfühlungsvermögen und eine achtsame, aber klare Linie schliessen sich nicht aus.» Im Gegenteil: Sie gehören zusammen und Kinder brauchen Orientierung und Grenzen, da diese ihnen Halt und Sicherheit geben.
Indem die Eltern aber Empathie zeigen, stärken sie das Selbstbewusstsein, die emotionale Intelligenz und Resilienz ihrer Kinder. Indem sie ihre Emotionen wahrnehmen, spiegeln und benennen, helfen sie ihnen, selber ein Verständnis für ihre Gefühle zu entwickeln. Die Resilienz – also die Fähigkeit, Belastungen auszuhalten – wird gestärkt, weil das Kind durch einfühlsame Eltern lernt, dass es in schwierigen Situationen nicht allein ist.
Nicht sofort nach Lösungen suchen
Gemäss Stefanie Stahl kann das Einfühlungsvermögen ausserdem trainiert werden: So sollten sich Eltern zunächst bewusst Zeit nehmen, um ihr Kind zu beobachten und insbesondere auf seine Körpersprache, Gestik und Mimik zu achten. Daraus sollte man aber keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern sich wirklich fragen, was das Kind gerade fühlt. Bei Unsicherheiten darf man auch gerne direkt nachfragen. Als letzten Schritt des Trainings nennt Stefanie Stahl «die Bedürfnisse des Kindes erfüllen». Das heisst, man sollte dem Kind nun aktiv zeigen, dass es gehört und verstanden wird und achtsam auf seine Emotionen reagieren.
Ausserdem sollten Eltern nicht das Gefühl haben, sie müssten die Aussagen ihres Kindes sofort bewerten und eine Lösung anbieten. Oft reiche es, einfach präsent zu sein und dem Kind zu ermöglichen, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken.