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Das ewige Kind?

Das hat es mit dem Trend «Endless Parenting» auf sich

Bleibt die Beziehung zwischen Eltern und Kindern bis ins Erwachsenenalter eng, ist das etwas Schönes. Müssen die Eltern für ihre erwachsenen Söhne und Töchter aber ständig zur Stelle sein und deren Probleme lösen, sieht die Sache etwas anders aus. Beides scheint immer gängiger zu werden. Höchste Zeit also, den Trend «Endless Parenting» unter die Lupe zu nehmen.

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Trend «Endless Parenting»: Wenn erwachsene Kinder dauernd in Kontakt mit ihren Eltern sind

Sind Erwachsene ständig in Kontakt mit ihren Eltern, könnte das auf eine enge Bindung deuten – oder auf mangelnde Selbständigkeit.

Getty Images

Sie telefonieren mehrmals pro Tag, wissen stets, wo der Schuh drückt und sind sofort zur Stelle, wenn sie gebraucht werden. Viele Eltern pflegen zu ihren Söhnen und Töchtern auch dann noch einen intensiven Kontakt, wenn diese bereits erwachsen sind. Ist das der Fall, wird das im englischen Sprachraum – und immer öfter auch im deutschen – als «Endless Parenting» bezeichnet. Ein Trend, der unterschiedliche Reaktionen auslöst. Die einen betrachten es als erstrebenswert, dass Eltern für ihre Kinder über die Jugend hinaus Ansprechperson Nummer eins bleiben. Andere wiederum werfen diesen Eltern vor, nicht loszulassen und deren Kindern, unselbständig zu sein.

Auf jeden Fall hat sich die Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert. Und das aus diversen Gründen. Früher lebten die Kinder etwa meist bei ihren Familien, bis sie selbst heirateten und eine eigene Familie gründeten. Das geschieht mittlerweile immer später, weshalb offensichtlich viele erwachsene Kinder auch länger bei den Eltern wohnen bleiben. Wie «The Atlantic» schreibt, leben gemäss einer US-Studie heutzutage 45 Prozent der 18- bis 29-Jährigen noch bei Vater und Mutter oder einem von beiden Elternteilen. Zum ersten Mal seit den 40er-Jahren sei dies wieder die häufigste Lebensform von Menschen in dieser Alterskategorie.

Ratschläge und finanzielle Unterstützung

Doch nicht nur das: Gemäss einer Umfrage des Pew Research Centers bei Eltern mit Kindern zwischen 18 und 34 Jahren zeigte sich, dass fast 60 Prozent der Befragten ihre erwachsenen Kinder finanziell unterstützen. Die Mehrheit der befragten erwachsenen Kinder gab an, sich regelmässig an ihre Eltern zu wenden, wenn sie Ratschläge zu Karriere, Geld oder Gesundheit benötigen. Weiter sagten 70 Prozent der befragten Eltern, sie würden mehrmals pro Woche mit ihren Kindern telefonieren.

Letzteres ist natürlich mit den Möglichkeiten der neuen Technologie zu begründen. Dank Smartphones und Social Media ist es heute ein Leichtes, selbst dann ständig in Kontakt zu bleiben und andere am Leben teilhaben zu lassen, wenn man Kilometer voneinander entfernt ist. Diese ständige Kommunikation muss aber nicht ein Zeichen von mangelnder Selbständigkeit sein, sondern kann auch für eine schöne und enge Bindung sprechen. Und eine solche stärkt unsere Psyche. 

Gute Eltern-Kind-Beziehung in der Schweiz

Dies bestätigt auch die kürzlich erschienene «Pro Juventute Jugendstudie»: Viele der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen empfinden die Beziehung zu ihren Eltern als wichtigen Faktor für ihr empfundenes Wohlbefinden. Und anscheinend ist diese Beziehung auch mehrheitlich gut: Knapp 87 Prozent gaben beispielsweise an, sie können sich immer oder meistens in schwierigen Situationen auf ihre Eltern verlassen und 82 Prozent sagten, ihre Eltern haben immer oder meistens Verständnis für sie.

Spannend auch: Je älter die Teilnehmenden waren, desto seltener stritten sie sich mit ihren Eltern. Auch der erwähnte Trend aus den USA, lange bei der Familie oder einem Elternteil zu leben, lässt sich aus der Studie rauslesen: 65 Prozent der 22- bis 25-Jährigen – die älteste der befragten Altersgruppen – wohnen noch zuhause. Ob das viel mehr sind als in vergangenen Jahren, lässt sich allerdings noch nicht bestätigen. Die «Pro Juventute Jugendstudie» ist dieses Jahr zum ersten Mal erschienen. Trends lassen sich daher nicht ableiten. «Wir möchten die Studie aber wiederholen, um Aussagen über Generationen hinweg treffen zu können», sagt Mediensprecher Dino Demarchi. 

Beziehung auf Augenhöhe

Beratungserfahrungen würden aber bereits zeigen, dass sich der Erziehungsstil gewandelt hat: «Heute ist es in der Regel ein bewusster Entscheid, ein Kind zu haben», sagt Demarchi. Das färbe sich auch auf die Beziehung zum Kind ab: «Die Beziehung zwischen Eltern und Kind ist heute eher auf Augenhöhe und weniger autoritär.»

Von fei vor 8 Stunden