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Ausplaudern erlaubt!

Das müssen Kinder über Geheimnisse wissen

Geheimnisse sind ein Teil der Kindheit und Jugend. Sie dienen dazu, sich mit Freundinnen und Freunden zu verbünden und sich von Erwachsenen abzugrenzen. Geheimnisse können jedoch auch belastend oder gefährlich sein. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder wissen, wann Ausplaudern erlaubt ist.

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Um Kinder vor Übergriffen zu schützen, müssen sie den Unterschied zwischen guten und schlechten Geheimnissen kennen

Geheimnisse können Bindungen stärken, aber auch belastend oder gar gefährlich sein.

Getty Images/Westend61

Verrät man jemandem ein Geheimnis, ist das in der Regel ein Vertrauensbeweis. Gerade unter Kindern und Jugendlichen haben Geheimnisse einen hohen Stellenwert. Wer in eines eingeweiht wird, zählt als Verbündete oder Verbündeter. Das gemeinsame Wissen schafft eine Gemeinschaft und meist wird es von Kindern und Jugendlichen als lustig und abenteuerlich wahrgenommen, ein Geheimnis zu teilen.

Das ist etwa dann der Fall, wenn nur die beste Freundin darüber Bescheid weiss, für wen ein Kind gerade schwärmt. Oder, wenn Geschwister gemeinsam heimlich Weihnachtsgeschenke für die Eltern basteln und diese damit überraschen möchten. Doch es gibt auch schlechte Geheimnisse, die belasten oder sogar eine Gefahr fürs Kind darstellen. Darum ist es wichtig, dass Kinder möglichst früh zwischen guten und schlechten Geheimnissen unterscheiden können und wissen, dass sie schlechte Geheimnisse – egal was andere sagen – nicht für sich behalten müssen:

Gute Geheimnisse...

  • lösen gute Gefühle aus. Sie sind schön oder lustig.
  • haben meist ein Ablaufdatum. Sie sind beispielsweise Teil einer Überraschung und gelten nur temporär.

Schlechte Geheimnisse...

  • lösen Gefühle wie Angst, Traurigkeit oder Nervosität aus.
  • sollen für immer geheim gehalten werden.
  • sind solche, die man auf Drängen oder unter Drohung von einer anderen Person verschweigen soll.

Unterscheiden zwischen Geheimnissen und Überraschungen

Einigen Expertinnen und Experten greift das Unterteilen in gute und schlechte Geheimnisse zu wenig weit. Sie unterscheiden lieber zwischen Geheimnissen und Überraschungen. So rät etwa Vitor Gatinho, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Betreiber des Instagram-Accounts kids.doc.de, lieber den Begriff «Überraschung» als «Geheimnis» zu verwenden, wenn etwas geplant wird, von dem jemand anderes momentan noch nichts erfahren darf. 

Er betrachtet dies als Massnahme, um Kinder vor Übergriffen zu schützen. Dies, da Täterinnen und Täter oft mit dem Begriff «Geheimnis» arbeiten. Zu Beginn seien das nicht selten noch solche, die beim Kind positive Gefühle auslösen. Zum Beispiel, wenn es ein Geschenk bekommt, von dem es den Eltern nichts erzählen soll. Lernt man den Kindern nun, zwischen guten und schlechten Geheimnissen zu unterscheiden, greift das gemäss Vitor Gatinho unter Umständen zu spät in einen schädlichen Prozess ein. Man soll Kindern deshalb besser vermitteln, dass Geheimnisse immer erzählt werden dürfen und zwar unabhängig von den Gefühlen, die sie auslösen. 

Die Sozial- und Sexualpädagogin Tina Reigel von Little Fellow betont ebenfalls, wie wichtig es ist, dass Kinder wissen, dass sie mit ihren Eltern über alles sprechen können. Und zwar auch über Dinge, die als Geheimnis deklariert werden. Sie sagte dazu in einem Interview mit schweizer-illustrierte.ch: «Täterinnen und Täter versuchen, ihre Opfer zu manipulieren und setzen sie damit unter Druck, dass das, was geschehen ist, ihr gemeinsames Geheimnis ist. Deshalb sollten Kinder wissen, dass es nie schlimm ist, ein Geheimnis auszuplaudern.» Auch Tina Reigel vertritt die Meinung: «Ein Geheimnis hat ein Ende und darf zeitnah geteilt werden.»

Von fei am 1. März 2025 - 07:00 Uhr