SI Family: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Coworkingspace mit integrierter Kinderbetreuung auf die Beine zu stellen?
Sarah Steiner: Tadah ist eine Onlineplattform, die ursprünglich dazu gedacht war, Mütter zu ermutigen und zu inspirieren, ihre Mutterschaft so zu leben, wie sie es für richtig empfinden. Dazu gehört die Familie genauso wie der Beruf. Das unter einen Hut zu bringen, ist in der Schweiz noch immer nicht einfach. Kitas haben zum Beispiel fixe Anmelde- und Öffnungszeiten, die sich nicht mit flexibleren Arbeitsmodellen vereinbaren lassen.
Das Problem betrifft nicht nur Mütter.
Uns wurde auch schnell klar, dass man das nicht auf Mütter konzentrieren kann, sondern beide Elternteile einbeziehen muss. Vereinbarkeit darf keine Frage des Geschlechts sein, sonst gehen wir einen Schritt retour.
Ihr wollt aber einen Schritt vorwärts gehen mit eurem Projekt und habt 400 Eltern zu ihren Bedürfnissen befragt. Was kam dabei heraus?
Was uns am meisten erstaunt hat: mehr als die Hälfte könnte sich vorstellen, ihr Pensum zu erhöhen, wenn Kinderbetreuung und Beruf einfacher vereinbar wären und ihr Arbeitgeber ihnen beispielsweise einen Arbeitsplatz in einem Coworkingspace mit integrierter Kinderbetreuung anbieten würde. Diese Zahl ist immens!
Coworkingspaces gibts ja viele. Kitas auch. Wieso hat das vor euch niemand zusammengelegt?
Bei der Kinderbetreuung ist es nicht ganz einfach, maximale Flexibilität für die Eltern zu bieten. Bei uns soll man, anders als in einer Kita, das Kind zu jeder Tageszeit bringen und holen dürfen. Wenn Plätze frei sind gerne auch spontan.
Wie lässt sich das organisieren?
Einerseits mit einem IT-System, das in Echtzeit Buchungen vornehmen lässt. Andererseits mit einem ausgeklügelten Betreuungssystem aus festen Mitarbeitern, die immer vor Ort sind und für die Kinder wichtige Bezugspersonen darstellen, und aus Springern, die auf Abruf verfügbar sind, wenn unerwartet viel Andrang herrscht.
Wer wäre so ein Springer?
Nebst Studierenden der PH könnten das auch ältere Personen sein, die nicht mehr erwerbstätig sind, aber noch Lust und Energie haben, sich mit Kindern zu beschäftigen. Davon profitieren beide Generationen.
Sie arbeiten mit einem Altersheim?
Leider sind Menschen, die in Altersheimen leben, oft nicht mehr arbeitsfähig. Aber wir werden uns in Zürich Albisrieden umhören. Und in der Anfangsphase wird meine Mutter als Betreuerin einspringen. Im Sommer kommt meine Tochter in den Kindergarten und meine Mutter freut sich, wenn sie die freigewordenen Tage wieder mit Kinderbetreuung füllen darf.
Flexible Betreuungsmodelle sind mit massiven Kosten verbunden. Wird man sich als Privatperson einen Coworkingplatz bei Tadah überhaupt leisten können?
Ja das wird man. Die Preise werden sich im gleichen Rahmen bewegen wie die Kosten für einen Platz in einer privaten Kindertagesstätte in der Stadt Zürich. Nur dass unser Preis für beides gilt: Kinderbetreuung und Arbeitsplatz.
Was passiert mit den 70’000 Franken des aktuellen Wemakeit-Projekts?
Wir werden sie vollumfänglich in den Kids Space fliessen lassen. Unser Projekt wird auf jeden Fall im September eröffnet. Wenn die Schwarmfinanzierung zustande kommt, werden wir uns aber leisten können, einen obermegaunfassbarcoolen Kids Space zu gestalten. Es fehlen noch einige selbstdesignte und handgeschreinerte Möbel, wir möchten einen eigenen Spielplatz bauen, wir brauchen Bettchen und wir müssen einen Waschraum bauen – alles Dinge, die viel Geld kosten.
Sind weitere Projekte über die Zürcher Stadtgrenze hinaus geplant?
Der Coworking Space ist tatsächlich nur der Anfang einer hoffentlich langen Geschichte. Wir möchten ganz vielen Eltern schweizweit die Möglichkeit bieten, Familie und Beruf so komfortabel unter einen Hut zu bringen.
wemakeit.com ist die grösste Crowdfunding-Plattform Europas. Die Gesamtsumme der Unterstützungen in den vergangenen sieben Jahren beträgt 44 Millionen Franken. 61 Prozent der vorgestellten Projekt konnten so finanziert werden.
Für den Kids Space in ihrem Coworkingspace mit Kinderbetreuung versuchen die Initiantinnen von Tadah innerhalb von 35 Tagen 70’000 Franken zu generieren. Am ersten Tag war bereits ein Drittel der Summe zuammen. Für Unterstützer gibts je Spendebetrag ein Goodie: von einer Einladung zur Eröffnung über einen Tag mit Arbeitsplatz und Kinderbetreuung bis hin zu ganzen Arbeitsplatz-Abos für Unternehmen.