Am liebsten würde Fabienne Forny, 41, alles stehen und liegen lassen und mit ihren Liebsten auf die freudige Nachricht anstossen. Gestern Mittwoch hat der Nationalrat der «Ehe für alle» zugestimmt. Zudem gibt er lesbischen Paaren grünes Licht für den Zugang zur Samenspende.
«Ich freue mich riesig und hoffe, dass der Ständerat gleich mitzieht. Endlich wird Kinderkriegen für lesbische Paare einfacher!», sagt die dreifache Mutter, die in der Mittagspause Zeit für ein Telefongespräch hat und dann zur Arbeit muss.
Forny weiss, wovon sie redet. Der Weg zu eigenen Kindern mit ihrer Partnerin Nicole Berchtold, 42, war sehr kräfteraubend und verlangte dem Paar viele Ressourcen ab.
Vom ausgesprochenen Kinderwunsch bis hin zum ersten Kind vergehen für das Paar acht Jahre. Weil Samenspenden für Frauenpaare in der Schweiz nicht erlaubt sind, weichen sie nach Dänemark aus. Das erste Gespräch mit der Klinik findet 2012 per Video statt. Darauf folgen mehrere Reisen nach Kopenhagen für Tests und Eingriffe.
Meist fliegt Forny alleine, da sie die Kinder austragen soll. So haben es die beiden Frauen abgemacht. Drei Inseminationen schlagen fehl. «Das war eine schwere Zeit», erinnert sie sich. «Aber wir gaben nie auf. Der Kinderwunsch war für mich einfach zu gross.»
Die Ärzte versuchen es mit künstlicher Befruchtung. Die Chance auf Erfolg beträgt nur 30 Prozent. Endlich! Der Test ist positiv! Leane kommt 2014 in Visp VS zur Welt. Zwei Jahre später, nach erneuten Reisen und Versuchen, folgen die Zwillinge Lias und Ellen, wiederum vom selben Spender.
«Niemand sollte einen solchen Aufwand haben, um eine Familie zu gründen. Es war eine echte Zerreissprobe, die ich niemandem wünsche», sagt sie rückblickend.
20'000 bis 30'000 Franken gibt das Paar insgesamt für Flüge, Hotelnächte und Behandlungen aus. «Wenn die künstliche Befruchtung in der Schweiz ausgeführt werden kann, ist das sicher auch eine finanzielle Entlastung», sagt Forny.
Die grösste Erleichterung sei auf jeden Fall die Organisation. «Dieses Hin und Her, die langen Reisen, die einsamen Hotelnächte in einer fremden Stadt und so weiter fallen damit weg.»
Dieser Entscheid mache gleichgeschlechtlichen Paaren Mut, überhaupt an eigene Kindern zu denken und dieses Projekt wirklich gemeinsam in Angriff nehmen zu können, ist die Pflegefachfrau überzeugt.
Forny und Berchtold ziehen ihre Kinder im Wallis gross. «Wir kommunizieren unsere Lebenssituation offen und haben noch nie Diskriminierung erfahren.» Die gängigen Vorurteile gegenüber lesbischen Paaren kennen sie aber durchaus.
«Allein die Vorstellung, dass meiner Partnerin die Kinder weggenommen und in eine Pflegefamilie gegeben würden, ist grausam.»
Fabienne Forny
«Am häufigsten wird nach der fehlenden männlichen Bezugsperson gefragt. Dabei ergibt sich das problemlos. Unser Sohn orientiert sich zum Beispiel am Götti, Onkeln, Freunden und Nachbarn und spielt genauso mit Autos und Dinosauriern wie andere Buben.»
Eine Frage, die alleinerziehende Mütter oder Patchworkfamilien nur selten so direkt gestellt bekommen.
Eine gleichberechtigte Ehe für lesbische Paare bedeutet auch, dass die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde KESB, sich nach der Geburt nicht mehr automatisch einschaltet. Und sollte der leiblichen Mutter etwas zustossen, wären die Kinder nicht mehr aufgrund fehlender rechtlicher Absicherung plötzlich Vollwaisen, sondern hätten noch den zweiten Elternteil.
«Allein die Vorstellung, dass in einem solchen Fall unsere Kinder meiner Partnerin weggenommen und in eine Pflegefamilie gegeben würden, ist grausam. Es ist höchste Zeit, dass wir die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie heterosexuelle Eltern.»