Schläge auf den Hintern, Schütteln, Stossen, Beschimpfungen oder Liebesentzug – fast die Hälfte aller in der Schweiz lebenden Kinder hat zuhause schon körperliche oder psychische Gewalt durch ihre Eltern erlebt. Am häufigsten betroffen von diesen Bestrafungsmethoden sind Kinder zwischen vier und sechs Jahren und angewandt werden sie von Vätern und Müttern zu gleichen Teilen.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Studie der Universität Freiburg, welche von der Stiftung Kinderschutz Schweiz in Auftrag gegeben wurde. 1013 Eltern wurden dabei zu körperlicher und psychischer Gewaltanwendung in der Erziehung befragt.
Am häufigsten sind Schläge auf den Hintern
Rund 40 Prozent gaben an, ihr Kind schon einmal körperlich bestraft zu haben. Am häufigsten sind gemäss der Befragung mit 15 Prozent Schläge auf den Hintern. Rund 11 Prozent der Eltern haben ihr Kind schon gestossen und fünf Prozent geschüttelt. Die meisten Eltern sagten jedoch, sie würden diese Erziehungsmassnahmen sehr selten anwenden und praktisch niemand gab an, sie sehr häufig zu praktizieren.
In Bezug auf psychische Gewalt – etwa in Form von Beschimpfungen, Liebesentzug oder Erniedrigungen – gab fast jeder sechste Elternteil an, diese regelmässig anzuwenden. Am häufigsten sind dabei die Beschimpfungen.
Recht auf eine gewaltfreie Erziehung
Strafbar ist all das bislang nicht. Wie die Stiftung Kinderschutz Schweiz in ihrer Medienmitteilung schreibt, existiert in der Schweiz kein Verbot für Körperstrafen, wenn sie nicht zu sichtbaren Schäden führen. Und das soll sich ändern. Regula Bernhard Hug, Leiterin der Geschäftsstelle von Kinderschutz Schweiz sagt: «Wir fordern, dass die Schweiz endlich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes mit vereinten Kräften umsetzt.» Ein Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung sei nötig, «denn die Erziehung der Kinder ist zwar Privatsache, Gewalt an Kindern ist es jedoch nicht». Die Idee, ein entsprechendes Gesetzt einzuführen, stiess bei den befragten Eltern auf Zustimmung: Zwei Drittel erhoffen sich dadurch positive Auswirkungen in Bezug auf die Förderung einer gewaltfreien Erziehung.
Obwohl gemäss den Studien-Ergebnissen Gewalt in der Erziehung zum Alltag gehört, sind Eltern stärker als noch vor wenigen Jahren darauf sensibilisiert. Acht von zehn Personen gaben an, sie hätten aufgrund von körperlichen Strafen ein schlechtes Gewissen und würden sich Selbstvorwürfe machen. Im Jahr 2017 sagten das noch halb so viele der Befragten.
Um gegen Gewalt in der Erziehung vorzugehen, fordert die Stiftung Kinderschutz Schweiz nicht nur ein neues Gesetz, sondern setzt sich auch mit Präventions- und Sensibilisierungskampagnen ein. Zudem bieten sie die Elternkurse «Starke Eltern – Starke Kinder» an. Diese sollen Eltern dabei helfen, angespannten Situationen vorzubeugen und sie ohne Gewalt zu lösen.