Ich bin 28 Jahre halt, habe einen festen Job und bin glücklich verheiratet. Ich verdiene genug, um Etwas zu sparen und würde von mir behaupten, ziemlich fest im Leben zu stehen. Ich habe auch keine schlimmen Kindheitserinnerungen oder Traumata zu verarbeiten. Doch jetzt kommts: Ich möchte trotzdem keine Kinder.
Ein Raunen geht durch die Runde. Jedesmal wenn ich das erzähle, und wahrscheinlich auch jetzt gerade, in eurem Kopf, beim Lesen dieser Zeilen. Und jedesmal habe ich das Gefühl, mich erklären zu müssen. Wieso eigentlich?
Als ich das erste mal aussprach, dass ich keine Kinder will, war ich 11 Jahre alt. Ich hatte gerade erst begriffen, dass es mir selbst überlassen ist, ob und wen ich heirate, und dass auch Kinder nicht unbedingt ein Muss sind, wenn man keine möchte. Also: theoretisch zumindest. Dass das in der Praxis ganz anders aussah, wurde mir ziemlich schnell und unmissverständlich klar gemacht. «Warte mal ab, das kommt schon noch», war die Reaktion meiner Eltern.
«Kinder passen nicht in meinen Lebensplan, ich würde mich eingeschränkt fühlen und ausserdem verantwortlich für etwas, für das ich überhaupt nicht verantwortlich sein will.»
Ich mache ihnen überhaupt keinen Vorwurf: Wenn das eigene Kind so jung ist und eine so lebensbewegende Entscheidung verkündet, verstehe ich die Reaktion. Damals klang sie für mich aber so, als ob etwas mit mir nicht stimmt. So, wie wenn man seine Mama fragt, warum man nicht wie alle anderen Mädchen endlich seine Periode bekommt. «Keine Angst, mit dir ist alles okay, irgendwann wirst du auch normal, wie die anderen.» Und dann? Glaubt man und wartet erst einmal ab.
Heute bin ich nicht mehr 12 und meine Einstellung hat sich in all den Jahren nicht geändert. Ich habe nie den Wunsch verspürt, irgendwann einmal ein Kind zu bekommen, mit meiner Tochter oder meinem Sohn Geburtstag zu feiern, den Schulabschluss zu erleben oder selbst Grossmutter zu werden. Löst das in euch Emotionen aus? Nun – in mir leider nach wie vor nicht. Aber ich merke: Ich schreibe wie von selbst immer noch das Wörtchen «leider» in den Satz. Als ob ich selbst noch ein bisschen daran glaube, dass diese Einstellung etwas Schlimmes wäre. Etwas, was so nicht richtig ist.
Doch wisst ihr was? Auch wenn da draussen Hunderte von Frauen darunter leiden, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – selbst keine Kinder bekommen können, hilft es niemandem weiter, wenn ich anstelle von Ihnen ein neues Leben in diese Welt setze. Nicht ihnen, und vor allem nicht mir.
Heute, mit 28, muss ich mir den Spruch «das kann ja noch kommen, mit den Kindern» immer noch anhören. Klar kann es das. Nur: bisher bin ich nicht eines Morgens aufgewacht und dachte «Jetzt möchte ich doch ein Kind». Ich denke auch nicht, dass sich meine Einstellung dahingehend nochmal ändern wird. Es passt nicht in meinen Lebensplan, ich würde mich eingeschränkt fühlen und ausserdem verantwortlich für etwas, für das ich überhaupt nicht verantwortlich sein will.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Diskussionen darüber geführt und mir Gegenargumente für eine Entscheidung anhören müssen, die eigentlich mir allein überlassen sein sollte. Und ich habe oft gelogen, um die Frage nach dem «warum» möglichst schnell abzuhaken und die Konversation in eine andere Richtung zu lenken. Eigentlich schade, dass es so weit kommen musste. Denn das jemand sich dafür rechtfertigen musste, dass er sich Kinder in seinem Leben wünscht, habe ich in all der Zeit noch nie erlebt.