Im einen Moment ist man überglücklich, im nächsten todtraurig. Im Kopf herrscht Chaos. Äusserlich zeigt sich der Ausnahmezustand oft mit unreiner Haut. Typische Anzeichen für die Pubertät – würde man meinen. Dieser Zustand wiederholt sich bei vielen Frauen in den Wechseljahren. Doch auch zwischen diesen beiden Phasen können Frauen ähnliches erleben. Dann nämlich, wenn sie ein Kind zur Welt bringen. In diesem Fall spricht man von der «Muttertät».
Dass während einer Schwangerschaft und nach einer Geburt so einiges im Gehirn passiert, erscheint logisch. Schliesslich verlangen sie Frauen sowohl physisch als auch psychisch einiges ab. Dies zu verarbeiten, braucht Zeit. Im neuen Alltag mit Baby fehlt die aber meist. Nach einer Geburt steckt man also ähnlich wie in der Pubertät in einer Entwicklungsphase. Eine Mutter zu werden, ist ein Prozess, der viele Veränderungen mit sich bringt. Dies soll mit dem Begriff «Muttertät» deutlich gemacht werden.
«Fine-Tuning» im Gehirn
Im Gespräch mit leben-und-erziehen.de sagt die Psychotherapeutin Ruth Mücke dazu: «Neben den körperlich sichtbaren Veränderungen in und nach einer Schwangerschaft, passiert auch ganz viel auf neuronaler Ebene. Das Gehirn bereitet die Frauen auf die neue Lebensphase vor. Es passiert ein Fine-Tuning.»
Die sogenannte «Muttertät» kann bis zu zwei Jahren andauern. In dieser Zeit verändern sich Frauen nicht nur physisch, psychisch und hormonell, sondern oft wandelt sich auch das Leben und die Lebenseinstellung um 180 Grad. Vielleicht verändern sie sich beruflich, alte Freundschaften durch die neue Lebenssituation ab und neue Menschen treten ins Leben. Nicht selten kämpfen Frauen in dieser Zeit auch mit Ängsten und Selbstzweifeln.
Erhöhtes Verständnis und Angstempfinden
Für die Veränderungen, die während der Schwangerschaft und nach der Geburt im Hirn von Frauen stattfinden, sind zu einem grossen Teil die Hormone Progesteron, Östrogen, Prolaktin, Relaxin und Cortisol zuständig, deren Spiegel in dieser Zeit ansteigt. Sie schärfen unter anderem die Wahrnehmung und erhöhen unser Verständnis für andere – wichtige Eigenschaften für frischgebackene Mütter. Gleichzeitig steigt auch das Angstempfinden, um den Nachwuchs vor allfälligen Gefahren zu schützen. Allerdings macht diese Hormonveränderung Frauen nicht nur in Bezug aufs Baby, sondern auch im Allgemeinen sensibler und launischer.