TV-Zeit ist quasi die Zahnseide unter den Erziehungsmomenten: Alle behaupten, dass sie täglich ihre Zähne «sidelen». Doch angeblich seien die Verkaufszahlen von Zahnseide ziemlich deutlich: Nö, stimmt nicht. Beim Fersehschauen in Familien verhält es sich ziemlich ähnlich. Selbstverständlich gucken unsere Kinder nicht viel, viel lieber spielen sie mit dem pädagogisch wertvollen Holzspielzeug. Klar, welches Kind nicht. Unsere Theorie: Eltern binden sich ja gerne in Bezug auf bestimmte Erziehungsmomente einen Bären auf – oder habt ihr noch nie ganz schamhaft, mit einem leicht schlechten Gewissen Käse erzählt, wenn es um den TV-Konsum eurer Kinder geht? Wir sind bei euch.
Diese gestohlenen Minuten, das ungestörte Päuschen, wenn die Kleinen mal «Peppa Wutz» schauen, sind das Gold, das Eltern nur selten finden. Und ja, die besten unter uns tappen am frühen Sonntagmorgen in die iPad-Falle. Wer hat schon Lust, um 6 in der Früh mit Lego Technik zu hantieren. Die Expertenempfehlung ist übrigens sonnenklar: Wir sollten es alle nicht übertreiben mit der TV-Berieselung (wissen wir ja eh...).
Das sind die Richtzeiten:
- 3- bis 5-Jährige: Maximal 30 Minuten Bildschirmzeit pro Tag in Begleitung von Erwachsenen
- 6- bis 9-Jährige: Maximal 5 Stunden Bildschirmzeit pro Woche
- 10- bis 12-Jährige: Maximal 10 Stunden Bildschirmzeit pro Woche.
So. Und jetzt wollten wir es genauer wissen und haben rumgefragt – und nach der ungeschminkten Wahrheit geforscht. Wie läufts bei euch mit dem Fernsehen?
Als ich als frisch Alleinerziehende in eine neue Wohnung zog, kaufte ich einen Fernseher. Denn Alleinerziehende haben nie Pause. Nicht eine Sekunde. Niemand nimmt ihnen auch nur einmal pro Monat das Zähneputzen mit den Kindern ab. Lieber 30 Minuten Bildschirmzeit als die Nerven verlieren, dachte ich mir. Habs ausprobiert. Und den Plan nach einigen Tagen wieder ad acta gelegt. Da meine Kinder durch den schnellen Bildwechsel immer absolut aufgeputscht wurden, stellte der TV meine Nerven erst recht auf die Probe.»
Sandrine, 32
«Bei uns waren Bildschirme lange Zeit tabu. Nun haben wir den Salat. In der dritten Klasse kommen bei meinen Kindern TV-Allgemeinwissenslücken zum Vorschein. Was ist «Die Sendung mit der Maus?», fragte mein Sohn mich kürzlich. Hui, Kleiner, das ist ein Stück Kultur. Komm, wir sehen es uns an!
Sylvie, 38
Wir waren so unendlich müde. Und dann sind wir in die TV-Falle getappt. Sonntags in der Früh zum Beispiel. Wenn um sechs die Sirene losging. Der Babysitter namens Netflix der ist dann verfügbar. Haben wir uns gut gefühlt dabei? Nein. Natürlich nicht. Deshalb haben wir das eine Weile gemacht und uns dann andere Strategien überlegt. Jetzt darf die Tochter immer noch schauen. Aber viel, viel weniger.
Marietta, 33
Die Kinder dürfen abends, wenn sie von der Schule heimkommen, eine Folge ihrer Lieblingssendung schauen. Das klappt super. Die geht genau 28 Minuten und inzwischen stellen sie von selbst aus. Am Wochenende schauen wir alle zusammen einen Film. Aber nur dann, wenn wir tagsüber etwas unternommen haben.
Jan, 39
Das grösste Problem beim TV-Schauen ist, dass sie so ungern ausmachen. Das gibt dann Dramen und die Mami, die ist ja sooooooo gemein. Und deshalb ist diese Regel unser eisernes Gesetz: Unter der Woche gibts gar kein Fernsehen. Ohne Ausnahme. Dafür dürfen sie am Weekend einen Abend Kinderkino mit Popcorn veranstalten. Klappt ziemlicht gut. Liegt vermutlich an der sonnenklaren Ansage. Wir kontrollieren ziemlich genau, was sie schauen. Jeden Mist dürfen sie nicht anmachen.
Bettina, 41
Die Kinder schauen phasenweise überhaupt nicht. Warum? Ich würde jetzt gerne sagen, dass das etwas mit unserer genialen Erziehung zu tun hat. Es ist leider viel einfacher. Nach dem Umzug haben wir das TV-Gerät nicht mehr im Wohnzimmer installiert. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wir lange das wohl noch gut geht?
Marco, 37
Wir haben klare Regeln. Es gibt Fernsehzeit – und dann ist Schluss. Unsere Ausnahmen? Im Auto und im Flugzeug. Da dürfen sie so lange sie wollen.
Ramona, 44
Ich schaue fast nie fern, mein Mann kann beim Einschalten abschalten. Und das macht er jeden Abend. Den Kindern können wir das Fernsehen also nicht verbieten, sonst müsste ja auch er darauf verzichten. So einigen sie sich auf «Ihr zwei Folgen Oktonauten, dann ich Tagesschau», oder eine Sendung für alle, etwa Naturdokus. Ich bin tagsüber manchmal froh, ihnen eine halbe Stunde ihre Serien einzustellen, damit ich Mails erledigen kann. Sie wissen: zwei Filmli, dann ist Schluss. Ums Fernsehen gibt’s bei uns nie gross Diskussionen. Dafür Vorträge: Über Zitronenhaie oder Lederschildkröten etwa. Die kennen sie dank TV.
Christa, 37