Der deutsche TV-Sender RTL sorgt mit seiner neuesten Erziehungs-Reality-Show für richtig viel Stunk. In «Train your Baby like a Dog – die Hund-Kind-Methode» hilft eine Hundeerzieherin Eltern dabei, die Probleme mit ihren Kindern in den Griff zu kriegen, indem sie ihnen das gewünschte Verhalten mittels Klicker und positiven Anreizen antrainiert. Bereits im Vorfeld der Erstausstrahlung haben Fachpersonen und rund 26'000 besorgte Eltern ihre Bedenken geäussert.
Die Sendung wirft mehrere Fragen auf: Kann man sein Kind wie einen Hund erziehen? Darf man das? Und: Will man das überhaupt? Wir versuchen, mithilfe von ExpertInnen alle drei zu beantworten.
In der Sendung arbeitet Hundetrainerin Aurea Verebes, selber Mutter von drei Kindern, mit positiver Verstärkung und setzt dafür Elemente aus der Hunde-Erziehung ein. Durch ein Klick-Signal, das mit einer Belohnung verbunden ist, sollen die Kinder lernen, ein unerwünschtes Verhalten abzulegen und sich auf Kommando so zu benehmen, wie die Eltern sich das vorstellen.
Die Methode funktioniert nicht nur bei Hunden, sondern tatsächlich auch bei Kindern. «Die Grundprinzipien der Verhaltenstherapie lassen sich auf Tiere genauso wie Menschen anwenden», sagt Entwicklungspsychologin Sabina Pauen bei «Focus». So lernt eine Zweijährige in der Sendung, in ihrem eigenen Bettchen einzuschlafen. Und eine Vierjährige findet einen Weg aus ihrem aggressiven Verhalten.
«Auch wenn sich Kinder konditionieren lassen, sind sie keine Hunde.»
Entwicklungspsychologin Sabina Pauen
Für verwerflich hält die Pauen den Ansatz nicht. Allerdings würde sie ihn Eltern mit Problemkindern nicht empfehlen. «Aus psychologischer Sicht ist es unerlässlich, erst mal das Kind und die Familiensituation genau anzuschauen und zu analysieren, wann Probleme auftreten, welches Verhalten das Kind künftig zeigen soll und wie man dahin kommt.»
Ein Kind sollte nicht nur zu einer bestimmten Verhaltensweise erzogen werden, sondern auch die Umstände verstehen. Was wollen die Eltern von mir und wieso? Man dürfe nicht vergessen: «Auch wenn sich Kinder konditionieren lassen, sind sie keine Hunde.»
Die Hund-Kind-Methode arbeitet ohne Zwang oder Bestrafung. Sondern mit Belohnung. Rein rechtlich ist daran nichts auszusetzen. Was aber nicht heisst, dass sie gut für die Kinder ist.
Der renommierte US-Psychologe Alfie Kohn ist berühmt für seine Kritik am Belohnungsprinzip. Belohnung diene – genauso wie Lob – nur als Ersatz für die bedingungslose Liebe und den Respekt, den Eltern ihren Kindern entgegenbringen sollten. Sie sei damit keinen Deut besser als Bestrafung, sondern nur ein Machtinstrument, um das Verhalten eines Kindes zu steuern. Nicht zuletzt können Belohnungen die Ausschüttung von Lusthormonen auslösen, nach der Kinder süchtig werden können.
«Kinder mit Belohnungen und Strafen trainieren zu wollen ist absolut überflüssig.»
Pädagogin Katia Saalfrank
Ins gleiche Horn bläst Erziehungsexpertin Katia Saalfrank, die sich bereits vor der Erstausstrahlung der Sendung äusserst kritisch und besorgt äusserte. «Kinder mit Belohnungen und Strafen trainieren zu wollen ist absolut überflüssig. Strafen sind absolut überflüssig, davon bin ich überzeugt und auch die Wissenschaft belegt das in zahlreichen Studien und den Forschungsergebnissen», schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite. «So bitte ich euch alle von Herzen: Schaltet nicht ein!»
Wenn man ein Kind will, das einfach so funktioniert, so robotermässig, ohne selber nachzudenken, scheint die Verhaltens-Konditionierung eines sinnvolle Sache zu sein.
Wer aber sein Kind zu einer eigenständigen, verantwortungsbewussten und selbstliebenden Persönlichkeit heranziehen möchte, ist mit der Hund-Kind-Methode wohl eher schlecht bedient. Stattdessen findet ihr eventuell in einem der folgenden Artikel einen Ansatz, der für euch stimmt:
Was haltet ihr von einer solchen Methode der Kindererziehung? Diskutiert unten in der Kommentar-Spalte mit der Community.