Die Schöggeli zum Teilen waren keine gute Idee. Das eine Kind greift schneller zu, als das andere schauen kann, und schon geht das Gebrüll los. Teilen ist für viele Kinder eine Herausforderung. Sie erkennen zwar oft, wenn sich ein anderes Kind unfair verhält, schlagen dann aber gerne mit denselben Mitteln zurück.
Wie ausgeprägt der Gerechtigkeitssinn und der Wille zum Teilen sind, ist natürlich von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Studie von Forschenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), der Universität Tilburg und der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt nun jedoch auf, dass es auch abhängig vom Geschlecht ist, wie gerne und mit wem ein Kind teilt.
Mädchen sind mitfühlender
Die Forschenden führten mit 323 Kindern im Alter zwischen drei und acht Jahren Verhaltensexperimente durch. Den Kleinen wurden Smiley-Sticker verteilt, die sie wiederum den anderen Kindern verteilen sollten. Diese Übung wurde in verschiedenen Geschlechter-Konstellationen durchgeführt.
Gemäss den Forschenden wurde durch die Experimente deutlich, dass Mädchen mehr Mitgefühl zeigen und eher bereit sind, zu teilen, während die Knaben eher versuchten, für sich selbst das Maximum an Sticker zu behalten.
Grösserer Neid gegenüber Jungs
Interessanterweise veränderte sich das Verhalten der Knaben, wenn ihr Gegenüber ein Mädchen war. Dann zeigten sie sich mitfühlender und waren eher bereit, einen Sticker abzugeben. Erhielt ein Knabe mehr Sticker als sie selbst, waren sowohl die Mädchen als auch die Knaben unzufriedener, als wenn ein Mädchen viele Sticker hatte. Der Neid gegenüber Jungs ist gemäss den Forschenden allgemein grösser. Nebst dem eigenen Geschlecht hängt die Einstellung zu Fairness also auch vom Geschlecht des Kinder, mit dem interagiert wird, ab.
Starre Rollenbilder durchbrechen
Der Wissenschaftler Van Wingerden sagt zum Ergebnis der Experimente: «Wir haben die typischen Geschlechterstereotypen gefunden – Mädchen sind mitfühlender, das Konkurrenzverhalten von Jungen ist ausgeprägter.» Die Forschenden folgern daraus, dass Geschlechterstereotypen in der heutigen Gesellschaft noch immer allgegenwärtig sind. Und das selbst bei kleinen Kindern. Dies könnte dazu führen, dass sich stereotype Geschlechterrollen bis ins Erwachsenenalter festigen. Die Ergebnisse würden also aufzeigen, wie wichtig es ist, dass Eltern bereits in der frühen Kindheit darauf achten, starre Rollenbilder zu durchbrechen.