Das Kind ist da. Und der Mutterschaftsurlaub (Frechheit dieses Wort!) ist angebrochen. Beim ersten Kind kann die Verunsicherung noch gross sein. Da wird das Buggy-Fit (Turnen mit dem Kinderwagen) oder der Gang zur Mütterberatung (die ja inzwischen Elternberatung heisst. Väter sind schliesslich auch Menschen) schnell zur Support-Group. Fragen und Sorgen hat man ja als Neo-Mutter genug. Schnell hat man sich dazu gesellt – und findet sich in der seit «Das Experiment» wohl spannendsten Sozialversuchsanordnung wieder. Kurz: Es herrscht Krieg. Und die Fronten sind klar.
1. Stillmütter gegen Fläschlimütter
«Es ist einfach soooooo schön, diese innige Beziehung zu meinem Baby zu haben. Schade, erlebst du das nicht. Aber du hast ja sicher gute Gründe», sind so Statements, die Milchpulver-Mütter (MMs) um die Ohren geschmettert bekommen. Dabei ist so viel falsch und durchaus passiv aggressiv an diesem relativ unerwünschten Gesprächsbeitrag. Denn selbst MMs bewerfen ihre Neugeborenen nicht einfach mit einer Flasche Milch und gehen ihre E-Mails checken. Die Nahrungszulieferung ist aus meist ziemlich pragmatischen Gründen (kaum Milch, hungriges Kind, bewusste Entscheidung, entzündete Brüste...) schlicht auf eine andere Art der Zulieferung verschoben. Ob eine Frau sich bewusst gegen das Stillen oder gezwungenermassen für Flaschenmilch entschieden hat, ist doch schnurzegal. Einfach mal als Gedankeninput: Es geht niemanden was an. Und falls Zwang mitspielt – es gibt Frauen, die sind traurig, wenn sie nicht stillen können. Die brauchen keine passiv-aggressiven Reminder, die diese Wunde allerorts kräftig nachsalzen. Übrigens: Auch MMs mögen ihre Kinder.
2. Krippe oder nicht
«Also ich finds suuuuuuuper, dass du wieder arbeiten gehst. Ich könnte das halt nicht. Mein Kind braucht mich.» Passives Aggressionslevel? 300-im-roten-Bereich. Auch hier schwingt wieder diese Unterstellung mit, dass Frauen, die sich für ein Zusammenspiel von Beruf und Familie entscheiden, einfach ein bisschen schlechter sind. Für die individuellen Gründe interessiert sich in der Regel niemand. Hier der friendly Reminder: Arbeitet oder nicht. Easy.
3. Kaiserschnitt oder natürliche Geburt
«Ich bin froh, dass ich keine Operation gebraucht hab und natürlich gebären konnte. Mein Baby und ich haben einfach eine wunderschöne Beziehung jetzt.» Auch hier gilt: Es gibt wahnsinnig viele Kaiserschnitt-Mütter, die sich nichts sehnlicher gewünscht hätten, als eine vaginale Geburt. Doch manchmal gehts halt einfach nicht. Das Kind liegt kreuz und quer im Bauch, die Plazenta ist irgendwohin verrutscht, die Frau hat Angst oder was auch immer: Wenns nicht geht, gehts nicht. Im Zweifelsfall muss das Kind einfach raus. Am wichtigsten gesund. Für manche ist so eine «Lifestyle-Geburt» übrigens ziemlich traumatisierend. A propos «Lifestyle-Geburt». Ein Kaiserschnitt ist nicht wie Dentalhygiene. Das ist eine ziemlich grosse Operation. Und einfach mal für alle zum Mitschreiben: Auch Kaiserschnitt-Mütter haben Schmerzen. Ziemlich lange sogar.
Was nach zahlreichen Mütter-Treffen klar ist: In der Regel gibts bei Müttern zwei Lager – das wird natürlich nie so aufs Tapet gebracht. Denn vordergründig sitzt man ja im gleichen Boot. Die Krux liegt im Detail. Die Zwei-Fronten-Realität ist irgendwie auch nachvollziehbar. Ist das Kind endlich da, müssen wir viele Entscheidungen treffen. Wer keinen riesengrossen Bogen um Ratgeber und Internet-Foren macht, ist verunsichert. Deshalb gleichen Neumütter-Debatten auch gerne Religionskriegen: Wir verteidigen unsere Liebsten. Wir haben bewusst Entscheidungen getroffen oder wurden dazu gezwungen. Deshalb sind wir ziemlich kompromisslos. Denn eine Sache haben schliesslich alle Mütter gemeinsam: Wir kämpfen wie Löwinnen für unsere Kinder, wollen nur das Allerbeste für sie. Und das Allerbeste ist nicht für alle dasselbe. Im gleichen Boot sitzen wir trotzdem. Drum, liebe Mütter, lasst uns zusammenhalten.