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«Sucht ist stärker als Liebe»

Mimi Fiedler über das Leben als alkoholkranke Mutter

Mimi Fiedler war fast 30 Jahre lang akut alkoholkrank. Mit ihrer Tochter hat sie früh über ihre Sucht gesprochen und versucht, ihre Verantwortung als Mutter stets wahrzunehmen. Trotzdem musste ihre Tochter viel Leid miterleben. Zudem haben Suchterkrankungen der Eltern einen wesentlichen Einfluss auf die Kinder.

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Mimi Fiedler

Schauspielerin Mimi Fiedler ist seit August 2018 trockene Alkoholikerin.

imago/Future Image

Als Schauspielerin feierte Mimi Fiedler (47) grosse Erfolge. Unter anderem spielte sie im Stuttgarter «Tatort» die Kriminaltechnikerin Nika Banovic. Doch hinter den Kulissen sah es weniger rosig aus: 30 Jahre lang war Fiedler akut alkoholkrank. 2010 verlor sie ihren Führerschein wegen Alkohol am Steuer und ging schliesslich zu den Anonymen Alkoholikern. Mittlerweile ist sie seit August 2018 trocken.

In den Jahren, in denen die Sucht das Leben von Mimi Fiedler bestimmte, gab es einen Abschnitt, indem es ihr gelang, auf den Alkohol zu verzichten: Nämlich dann, als sie mit ihrer heute 21-jährigen Tochter Ava schwanger war. Allerdings begann sie nach der Geburt wieder zu trinken.

Im Interview mit dem Online-Portal «leben-und-erziehen.de» antwortet die Schauspielerin auf die Frage, weshalb sie damals nicht ganz die Finger vom Alkohol gelassen hat: «Weil ich süchtig bin und ich zu diesem Zeitpunkt noch weit weg war von Heilung.» Sie sei sich sicher, dass es allein die Seele ihrer Tochter war, die sich dem Teufel Alkohol nicht habe hergeben wollen. Mit ihr selbst habe das wenig zu tun gehabt, sonst hätte sie schliesslich nach der Geburt nicht gleich wieder angefangen zu trinken, meint Fiedler. Und als Erklärung: «Sucht ist stärker als Liebe.»

Tochter musste traumatische Szenen miterleben

Sie habe ihrer Tochter schon früh kindergerecht zu erklären versucht, was mit ihr los ist – «Dass ich sehr krank bin, was diese Krankheit mit mir macht, aber dass ich alles versuchen werde, um wieder gesund zu werden.» Sie habe ihre Tochter jedoch nicht davor beschützen können, Szenen mitzuerleben, die für sie traumatisch waren. Doch sie habe sich selbst in den schlimmsten Phasen nie ihrer Verantwortung entzogen, erzählt Mimi Fiedler. Dies mache das Geschehene nicht weniger schlimm, aber es habe die Beziehung zwischen ihr und Ava «stärker und unkaputtbarer» gemacht. Ihre Tochter habe zwar mit einer süchtigen Mutter gelebt, aber auch mit einer, die immer wieder aufgestanden ist und alles getan hat, um nüchtern zu werden. 

Weiter sagt Mimi Fiedler, sie glaube, es sei immer schlimm, alkoholsüchtig zu sein. Als Mutter jedoch besonders, da man in dieser Rolle nichts mehr möchte, als sein Kind zu beschützen. «Die Tatsache, dass ich es am allermeisten vor mir selbst beschützen musste, bringt mich heute noch zum Weinen», sagt Fiedler. Sie habe ihr Bestes gegeben, doch die Sucht sei immer wie eine Leuchtreklame über ihrem Leben gestanden. 

Davor, nun anderen süchtigen Müttern Ratschläge zu geben, hütet sich die 47-Jährige: «Jede Sucht ist so individuell wie der süchtige Mensch selbst», meint Fiedler. Sie könne nur sagen, dass es helfe, seiner eigenen Wahrnehmung zu vertrauen. Was auf dem Weg zur Heilung und Nüchternheit jedoch völlig egal sei, sei die Meinung der anderen. In einem emotionalen Instagram-Post richtet sich die Schauspielerin zudem an alle Kinder von suchtkranken Eltern und lässt sie wissen: «Ihr werdet sehr geliebt und es hat mit euch nichts zu tun.»

Hohes Risiko für Kinder alkoholkranker Eltern

Das Trinkverhalten von Eltern bleibt jedoch nicht ohne Einfluss auf die Kinder. So zeigte etwa eine Langzeitstudie im Auftrag der Krankenkasse DAK gemäss der «Frankfurter Allgemeine», dass 12-jährige, deren Eltern regelmässig zu Alkohol greifen, im Erwachsenenalter ein dreimal höheres Risiko des Rauschtrinkens zu haben, als Kinder aus Familien, in denen nicht getrunken wurde. Auch eine Studie der Universität Greifswald kommt zum Schluss, dass Kinder alkoholkranker Eltern bezüglich späterer Verhaltensproblemen und des Trinkverhaltens eine Risikogruppe darstellen. 

Die Organisation «Blaues Kreuz» erklärt auf ihrer Website: «Solche Kinder wachsen mit der Vorstellung auf, dass häufiger Alkoholkonsum durchaus zum Alltag gehört.» Einige würden den Alkoholmissbrauch der Eltern auch als peinlich empfinden und sich dafür schämen. Zwar würden sie Mitleid für den Elternteil empfinden, trotzdem aber mitunter aggressiv und verärgert reagieren. «Diese Kinder beginnen den alkoholkonsumierenden Elternteil abzuwerten, sehen in ihm nur noch ein negatives Wesen», schreibt das «Blaue Kreuz». Der übermässige Alkoholkonsum sei also eine andauernde Störung, die ein friedliches Familienleben verunmöglicht.

Alkoholsucht: Hier finden Sie Hilfe
Von fei am 10. März 2023 - 17:33 Uhr