Wer online direkt aus China Spielsachen einkauft, kann die Gesundheit seiner Kinder ernsthaft gefährden. Ein von einem unabhängigen Labor für den Spielwaren Verband Schweiz (SVS) durchgeführter Test stellt den Online-Marktplätzen Aliexpress und Wish keine guten Noten aus. Von zehn untersuchten Spielwaren enthielten sieben Schadstoffe, wovon sechs weit über dem Grenzwert lagen.
Gefunden haben die Chemiker nebst Lösemittel, Blei und Nickel auch DEHP sowie Bor, beides Substanzen, die das Hormonsystem von Kindern schädigen können. Ausserdem wurden allergisierende und reizende Substanzen wie zum Beispiel Cyclohexano nachgewiesen, dazu sehr hohe Werte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK. Ein Produkt enthielt derart viel Lösemittel, dass selbst die Chemiker im Labor unter Übelkeit und Kopfschmerzen litten – schlicht durch die Kontamination der Luft.
Geprüft wurden Produkte wie Wasserspielzeug, Actionfiguren, Squishy-Figuren, Stickers und Puppenaccessoires. Das Ergebnis ist alarmierend: Kein einziges Spielzeug wäre in der Schweiz zum Handel zugelassen – nur schon aufgrund der fehlenden Kennzeichnungen. «Eine Mutter weiss bei diesen Spielwaren nicht einmal, für welche Alterskategorie es geeignet ist», sagt SVS-Präsident Rolf Burri.
Vor allem die bei Kindern beliebten Squishies stellen eine Gefahr dar, da bei den Figuren ein erhöhter Wert an Cyclohexanon festgestellt wurde. Obwohl in der Schweizer Spielzeugverordnung keine Höchstwerte für die Chemikalie festgelegt wurde, sollte die Substanz vermieden werden. Bereits bei einer Temperatur von 20°C kommt es langsam zu einer toxischen Kontamination der Luft.
Wird die Substanz eingeatmet, kann es zu Schwindelanfällen und Kopfschmerzen kommen. Aber auch oral oder über die Haut aufgenommen führt es zu Reizungen der Haut, Augen und Atemwege.
Wie viele andere chinesische Produkte auch, kann solches Spielzeug sehr günstig gekauft werden. Doch die Billigpreise haben einen Haken: Anders als im Schweizer Spielwarenhandel kontrolliert hier niemand die Spielwaren auf ihre Sicherheit. «Das ist ein Missstand, der auch uns beschäftigt, denn hier fehlen schlicht die gesetzlichen Grundlagen», sagt Peter Brodmann, Leiter des Kantonslabors Baselland, das in der Deutschschweiz für die Kontrolle von Spielwaren spezialisiert ist.
Im Gegensatz zu Privatpersonen sind Schweizer Grosshändler und Detaillisten von Spielwaren verpflichtet, die strengen Normen der Spielzeugverordnung einzuhalten. Zudem wird der Schweizer Spielwarenhandel vom kantonalen Vollzug regelmässig kontrolliert.
Auch Sandro Küng, von der Geschäfts- und Medienstelle des SVS fordert, dass die Politik nun handelt. «Der Bund sollte diese Gesetzeslücke schliessen. Wir wollen, dass die Ware gesetzeskonform gerade im Sinne des Konsumtenschutzes in die Schweiz importiert wird.»
Wer sicher gehen will, dass die Spielwaren auch gesundheitlich unbedenklich ist, kaufe lieber in der Schweiz ein. Dabei ginge es nicht darum, eine Hochpreisinsel in der Schweiz aufrecht zu erhalten. «Wir stehen zum Freihandel, allerdings darf der Aspekt der Nachhaltigkeit nicht ausser Acht gelassen werden.»
Küng appelliert auch an die Eltern. Aliexpress und Co. seien auch das Gesprächsthema auf dem Pausenplatz. «Die Kinder sehen, wie günstig die Produkte online verfügbar sind und können sie sich mit dem eigenen Taschengeld leisten», so Küng. Schliesslich würden die Eltern dann mit ihrer Kreditkarte die Bestellung vornehmen, ohne zuvor die Ware kritisch zu hinterfragen.
Händler wie Aliexpress oder Wish sind in der Schweiz längst keine kleinen Player mehr. Allein in diesem Jahr wird voraussichtlich für mehr als für eine Milliarde Franken Waren in die Schweiz geliefert. «Es handelt sich somit längst nicht mehr um einen zu vernachlässigendem Nischenabsatz-Kanal wie etwa an der Chilbi», sagt Küng.