Im Grunde wissen wir, dass Kinder bei der Entwicklung ihr eigenes, individuelles Tempo haben. Trotzdem gibt es natürlich einige Anhaltspunkte, an denen sich Eltern orientieren können und die aufzeigen, in welchem Zeitraum mit dem nächsten Entwicklungsschritt zu rechnen ist. Gleichzeitig schielen wir natürlich nach rechts und links und beobachten womöglich, dass die Kinder von Freunden und Verwandten viel früher als das eigene Kind mit dem Sprechen anfangen.
Häufig beginnt es dann im Kopf zu rattern: Sollte man Ruhe bewahren und dem Kind die Zeit lassen, die es braucht? Oder wäre ein schnelles Eingreifen gefordert, um weitere Entwicklungsverzögerungen zu verhindern? Hier einige Fakten.
«Late Talker» oder «Late Bloomer»?
Viele Kinder können bereits an ihrem ersten Geburtstag einige Wörter sagen. Im Laufe des zweiten Lebensjahrs kommen immer mehr dazu und es werden erste Sätze gebildet. Einige plaudern dann munter drauflos und erzählen ganze Geschichten, andere sind noch zurückhaltender und der Wortschatz erweitert sich nur langsam. Von einem «Late Talker» – und damit von einer Sprachentwicklungsverzögerung – spricht man, wenn ein Kind mit 24 Monaten noch keine 50 Wörter spricht oder keine Zwei-Wort-Sätze bilden kann. Gemäss der Stadt Zürich ist das bei jedem fünften Kind der Fall. Die verzögerte Sprachentwicklung kommt also ziemlich häufig vor.
Ein Grund zur Sorge ist das noch nicht. Bei einigen Kindern handelt es sich schlicht um Spätzünder, die bis zum dritten Lebensjahr die Verzögerung wieder aufholen. Gemäss Fachleuten ist das bei 30 bis 50 Prozent der «Late Talker» der Fall. Diese Kinder nennt man dann «Late Bloomer», weil sie erst später aufblühen.
Allerdings könnte sich aus der Sprachverzögerung der «Late Talker», von der Jungs häufiger betroffen sind als Mädchen, eine Sprachstörung entwickeln. Deshalb ist es ratsam, beim Verdacht auf eine Verzögerung bereits im Laufe des zweiten Lebensjahrs Abklärungen beim Kinderarzt oder der Kinderärztin zu treffen, damit das Kind rechtzeitig Unterstützung erhält. Unter anderem sollte bei einem Kind, das spät mit dem Sprechen beginnt, die Hörfähigkeit geprüft werden. Anzeichen, die zudem dafür sprechen, eine mögliche Sprachverzögerung abzuklären, sind gemäss swissmom.ch zum Beispiel:
- Das Kind verwendet Lautmalereien, eigene Wortkreationen und kindliche Wortformen wie etwa «Wau Wau» für Hund.
- Die Aussprache des Kindes ist schwer verständlich, weil es beispielsweise Anfangslaute weglässt oder nur eine Silbe des Wortes ausspricht.
- Es zeigen sich Verständigungsprobleme, indem das Kind Mühe hat, Anweisungen zu befolgen.
- Das Kind nimmt selten Blickkontakt auf, wenn man mit ihm spricht.
Ob Kinder früher oder später mit dem Sprechen beginnen, hängt weder von der Intelligenz noch von der Erziehung der Eltern ab.
Eltern können ihrer Kinder beim Sprechenlernen aber unterstützen:
In den Dialog treten: Das beste Sprachtraining ist sprechen. Eltern sollten deshalb von Beginn an mit ihrem Baby sprechen. Da die ersten zwölf Monate für die Sprachentwicklung besonders entscheidend sind, ist es förderlich, wenn die Eltern auch auf Brabbel-Geräusche des Babys eingehen und so quasi einen Dialog starten. Dadurch erkennt das Baby, dass seine Laute wahrgenommen werden, was später aufs Sprechenlernen motivierend wirkt.
Wiederholungen: Werden Wörter innert kurzer Zeit oft wiederholt, hilft das, den Kleinen, sich diese zu merken. Dasselbe gilt natürlich bei der Satzlänge: Kurze Sätze können Kinder leichter verstehen und sich dann auch merken.
Fehler dulden: Beim Lernen sind Fehler erlaubt. Wird ein Kind ständig korrigiert, sinkt nicht nur das Selbstvertrauen, sondern auch die Motivation, sich beim Sprechen weiter zu bemühen. Besser als direkt zu korrigieren ist es, die Antwort des Kindes aufzugreifen und dabei das korrekte Wort oder die richtige Form davon zu verwenden.
Geduldig sein: Wird ständig auf ein Kind eingeredet, kann das kontraproduktiv sein. Ein Kind braucht Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten – und erst recht, um seine Antworten in Worte zu fassen. Bleibt deshalb geduldig und gönnt euren Kindern auch mal etwas Ruhe.
Keinen Druck: Sprachförderung von Kleinkindern sollte spielerisch geschehen und ohne Drill. Es bringt nichts, einen Zwei- oder Dreijährigen abzufragen, wie man das vielleicht bei einem Schulkind tun würde.