Der Trend hat vor etwa zehn Jahren angefangen. Frau und Mann, beide berufstätiger Mittelstand, wollen nicht irgendwie oder irgendwann Eltern werden. Sie wollen es richtig perfekt machen. Minutiös wird die Familienplanung abgewickelt. Das Kind im Idealfall in den meist proppenvollen Terminkalender reingepresst.
Und der werdende Vater? Er weicht während der gesamten Schwangerschaft keinen Millimeter von der Seite seiner Partnerin. Oder tut zumindest so. Oder muss so tun, weil es von ihm erwartet wird.
«Es ist grundsätzlich gut, dass Männer heute mehr Interesse und Anteilnahme zeigen. Bei jeder Kontrolle müssen sie aber wirklich nicht dabei sein. Ein Drittel der Männer ist da richtig mühsam und stört uns bei der Arbeit», erzählt eine Gynäkologin mit Praxis im Raum Zürich. Sie möchte anonym bleiben.
Beim Telefongespräch mit schweizer-illustrierte.ch kristallisieren sich drei männliche Prototypen heraus. Wir haben sie für euch humorvoll zugespitzt.
Dieser Männertyp ist in seinem Eifer kaum zu bändigen. Keine einzige der ungefähr sieben Schwangerschaftskontrollen lässt er aus. Die Schwangerschaft ist ein Event, ein atemberaubendes Ereignis, das tausend Fragen aufwirft. Seine Sätze beginnt dieser tendenzielle Besserwisser meist mit: «Ich habe gelesen, dass...» oder «eine Studie besagt, dass...» und zückt dann eine Liste seiner Fragen (die er jedes Mal mit dabei hat und die immer länger wird).
Es ist nicht seine schwangere Frau, die im Mittelpunkt steht, sondern er. Schliesslich sind WIR ja schwanger. Er hat da kräftig mitgeholfen. Also plustert sich der vorlaute Gockel gern auf. Während der Kontrolle löchert er die Gynäkologin mit Fragen wie. «Was genau sehen Sie da auf dem Ultraschall? Könnten Sie bitte noch ein schönes Bild davon machen?»
«Diese Sorte Männer redet mir ständig drein. Sie kommen zum Babywatching und vergessen dabei, dass es sich um eine medizinische Untersuchung handelt», sagt die Fachärztin. Seiner Frau gegenüber nimmt der vorlaute Gockel gern eine bevormundende Haltung ein: «Schatz, ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht so viel Kaffee trinken.» Ob er konsequent auf sein Feierabendbier verzichtet ist allerdings ein anderes Thema.
Viel Spielraum hat der vorlaute Gockel allerdings nicht. An seiner Seite steht kein traditionelles Huscheli, sondern eine taffe Business-Henne. Sie hat das mit dem Eisprung getimt und schon Monate davor ihre Ernährung umgestellt. Ihr Körper ist mit Mikornährstoffen optimal gepimpt und das erwartet sie auch von ihrem Partner. Schliesslich stammt die Hälfte der Chromosomen von ihm, also soll er gefälligst auch täglich Folsäure schlucken.
Das taffe Gehabe hört allerdings dort auf, wo ihr Körper anfängt. Ihre Unsicherheit ist gross: «Das Fleisch war nicht ganz durch, muss ich mir Sorgen wegen Toxoplasmose machen? Die Bratensauce lief über die Erbsen – ein Problem? Kann ich noch auf der rechten Seite schlafen? Auf den Berg gehen? Ins Flugzeug?»
Die Unsicherheit ist auf beiden Seiten gross, ebenso wie die wachsenden Perfektionsansprüche. Gemeinsam hat das Gockel-Hennen-Paar den nigelnagelneuen Buggy im eigens dafür hergerichteten Buggy-Parcours im Vorfeld bereits getestet. «Es wäre für alle viel entspannter, wenn der Mann wie auch die Frau einen Gang runterschalten würde. Man kann nicht alles kontrollieren», so die Expertin.
Der Übereifer des vorlauten Gockels nimmt übrigens ein jähes Ende. Kaum ist das Baby da und steht die Nachkontrolle an, glänzt er durch Abwesenheit.
Dieser Männertyp ist zwar ein Hirsch, doch einer mit kräftig gestutztem Geweih. Sie sagt ganz klar, wos langgeht. Nämlich mit zur Kontrolle, zur Geburtsvorbereitung und – wie unverschämt, das überhaupt zu denken! – selbstverständlich auch mit zur Geburt! Ob er nun will oder nicht. Und eigentlich will er gar nicht. Blut kann er nämlich nicht sehen – weshalb sollte er auch? Er ist weder Chirurg noch Metzger. Aber eben: Er muss. Das wird von ihm erwartet.
«Es gibt tatsächlich ein paar Männer, die sind von einer Geburt regelrecht traumatisiert. Sie halten es nicht aus, ihre Partnerin leiden zu sehen. Ich habe auch schon erlebt, dass einer in Ohnmacht gefallen ist. Das hilft dann wirklich nichts. Es sollte möglich sein, dass ein Mann sagen darf, wenn die Geburt ihn überfordert», so die Gynäkologin.
Wir kurbeln ins letzte Jahrtausend zurück. Doch er ist immer noch da. Dieser Männertyp ist oldschool und schlüpft bereitwillig in die Rolle des Ernährers. Sein Revier ist klar abgegrenzt und beschränkt sich auf den Arbeitsplatz (und seine Hobbys. Diese wachsen mit der Anzahl Kinder. Doch das ist eine andere Geschichte).
Zuhause und beim ganzen Kinderkram soll die Frau und Mutter bitte übernehmen (auch wenn sie Teilzeit arbeitet). Der einsame Wolf taucht darum auch bei keiner Schwangerschaftskontrolle auf. Ist ihr Ding. Und wenn er dann doch einmal mitzottelt, hockt er schweigend im Hintergrund. Sehr angenehm für die Gynäkologin – obwohl so ein bisschen Interesse ganz nett wäre.
Tja, man müsste den vorlauten Gockel mit dem einsamen Wolf kreuzen und dieser Wunderkreatur noch ein Geweih aufsetzen. Dann hätten wir den perfekten Mix. Wobei, das mit dem Perfektionismus wollten wir ja schön bleiben lassen.