Manche kennen sie als The Terrible Twos (die schrecklichen Zweier), andere sprechen von Threenager-Jahren (weil ihre Dreijährigen sich verhalten, wie Adoleszente), weitere sagen einfach nur Trotzphase und ExpertInnen bevorzugen den Begriff Autonomiephase: Wenn Kinder ihren eigenen Willen entdecken.
Die Autonomiephase ist heimtückisch. Hatte man gestern noch das zufriedenste Kleinkind zuhause, ist es morgen bereits ein schreiendes Monster, das sich am Bodenwälzt und alles doof findet – die eigenen Eltern am meisten.
Das Gute ist: die Trotzphase sucht die friedlichsten Familien heim. Da müssen in den ersten sechs Lebensjahren des Kindes (fast) alle mal durch. Und noch besser: Weil da draussen so viele Eltern bereits ihre Erfahrungen mit der Autonomiephase geteilt haben, können wir uns einfach nur die besten Tipps heraussuchen, um sie safe zu überstehen. Das haben wir für euch getan. Bitteschön:
1. Tipp Trotzphase verstehen
Die Trotzphase ist nicht nur eine mühselige Angelegenheit, die man als Familie hinter sich bringen muss, sondern ein äusserst wichtiger Entwicklungsschritt des Kindes. Es bildet während dieser Phase seines Lebens sein Emotionswissen, seinen Emotionsausdruck und seine Möglichkeiten der emotionalen Selbstregulation aus. Ohne Übung kein Meister!
Jetzt stellt euch mal vor, ihr entdeckt euren eigenen Willen, stosst bei euren Fähigkeiten jedoch an alle möglichen Grenzen. Ihr wollt eure Schuhe selber binden, habt aber keinen Plan, wie das gehen soll. Da würdet ihr doch auch frustriert reagieren, nicht? Sich Hintergrundwissen zur Autonomiephase anzueignen, kann nie schaden. Denn es für sorgt für Verständnis und das wiederum hilft, in brenzligen Situationen die Ruhe zu bewahren, die das Kind von euch im Falle eines akuten Trotzanfalls braucht.
2. Tipp Bitte nichts persönlich nehmen!
Vielen Eltern ist es unendlich peinlich, wenn sich ihr Kind mitten im Supermarkt auf dem Boden wälzt. Nur, warum eigentlich? Schliesslich erleben das echt fast alle Eltern irgendwann mal. Wir sollten uns doch einfach viel ehrlicher und offener über Situationen austauschen, die uns als Mütter und Väter überfordern, die uns hilflos machen oder für die wir uns schämen. Dann merken wir nämlich, dass es uns allen gleich geht und dass sich das Gezeter des Kindes überhaupt nicht persönlich gegen uns richtet. Es kommt, wie das Sprichwort so schön sagt, in den besten Familien vor und sagt nichts darüber aus, wie gut oder schlecht wir unseren Elternjob verrichten. Trotz gehört zu einer gesunden Kindheit einfach dazu.
3. Tipp Trotz ist ein Kompliment
Es gibt eine sehr einfache Erklärung dafür, warum sich der kindliche Trotz vor allem gegen die Eltern (in manchen Fällen auch sehr ausgeprägt gegen die Grosseltern) richtet. Mama und Papa, Grosi und Opa, geniessen nun mal das grösste Vertrauen eines Kindes. Wenn es schreit, heult, sich abwendet und eben trotzt, dann ist das ein grosses Kompliment: Es fühlt sich so wohl und der ihm entgegengebrachten Liebe so sicher, dass es sich traut, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen.
Lasst uns die Kinder in solchen Momenten auffangen. Mit Nähe, Geduld – vielleicht sogar Humor!
4. Tipp Französisch erziehen
Man sagt, französische Kinder hätten eine weniger ausgeprägte Trotzphase. Der Grund dafür könnte im perfekten Mix zwischen Freiheit und Grenzen liegen, der in der französischen Elternkultur verankert ist. Der sogenannte «Quadre» steckt eine ganz klare und konsequent gezogene Grenze ab, innerhalb der sich das Kind frei bewegen darf. Es ist ein sicherer Rahmen, in dem Kinder ihre Persönlichkeit entdecken, ihre Fähigkeiten ausreifen und ihre Gefühle kennenlernen dürfen.
Auch fördern Eltern in unserem westlichen Nachbarland ganz selbstverständlich die Eigenständigkeit und Kompetenzentwicklung ihrer Kinder. Französische Kinder dürfen sehr viel selber ausprobieren. Sie dürfen scheitern und lernen. Das wirkt sich positiv auf ihre Selbstwahrnehmung und ihre Resilienz aus. Wie ihr das bei euren Kindern ebenfalls fördern könnt, erfahrt ihr hier.
5. Tipp Gefühlen einen Namen geben
Wenn man schon von Gefühlen wie Wut, Trauer und Frust so übermannt wird, wie ein Kleinkind in der Trotzphase, dann darf man auch deren Namen lernen. Experten empfehlen, mit Kindern ganz bewusst die erlebten Gefühle zu besprechen und Empathie dafür zu zeigen. «Ich verstehe, dass es dich ärgert, wenn du noch nicht alleine auf den Spielplatz darfst.» Oder: «Du hättest jetzt gerne ein neues Lego, ich sehe, dass es dich wütend macht, wenn das nicht geht.»
Und ist man einmal im Gespräch, kann man dem Kind ja auch gleich einen Lösungsvorschlag machen und ihm so einen Weg aus der emotionalen Krise zeigen. «Lass uns besprechen, wann du soweit sein wirst, dass du alleine raus darfst.» Oder: «Wollen wir dem Weihnachtsmann einen Brief schreiben, damit er weiss, dass du dir das wünschst?»