Der Körper einer Frau verändert sich während der Schwangerschaft extrem. Es wächst nicht nur der Bauch, auch suchen sich die Organe vorübergehend einen neuen Platz, das Gewebe im Körper wird weicher, das Herz schlägt schneller. Und auch auf das Gehirn hat eine Schwangerschaft bemerkenswerte Auswirkungen. Forschende der Universität im kalifornischen Santa Barbara konnten in einer neuen Studie belegen, dass Teile des Gehirns während der Schwangerschaft kleiner werden.
Bisher war nur wenig darüber bekannt, was während einer Schwangerschaft im Gehirn einer Frau vor sich geht. Das Forschungsteam hat nun erstmals eine Erstgebärende während der gesamten Schwangerschaft begleitet und ihre Gehirnentwicklung dokumentiert. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift «Nature Neuroscience» veröffentlicht. «Das mütterliche Gehirn durchläuft während der Schwangerschaft eine choreografierte Veränderung, und wir sind endlich in der Lage, diese Entwicklung zu beobachten», so Emily Jacobs im Bericht.
Dank Veränderung im Gehirn können Mütter Babysignale besser deuten
Herausgefunden haben die Forschenden, dass das Volumen der grauen Substanz vom Gehirn abnimmt, wenn die Hormonproduktion während der Schwangerschaft ansteigt. Was alarmierend klingt, ist aber gar nicht so schlimm. Denn die Abnahme der grauen Hirnsubstanz bedeute nicht, dass geistige Fähigkeiten deswegen nachlassen. Die Veränderung deute auf eine «Feinabstimmung» der Gerhirnschaltkreise hin – ein ähnlicher Vorgang, wie er in der Pubertät passiert.
«Der beträchtliche Anstieg der Steroidhormon-Produktion scheint das Gehirn umzugestalten und eine Reihe von Verhaltensweisen zu fördern, die für die folgende Lebensphase von Vorteil sind.» Durch die Veränderung könne die Effizienz des Gehirns gesteigert werden und der Fokus darauf gesteuert werden, dass die Mutter Signale des Babys besser deuten könne, um richtig darauf zu reagieren.
Graue Substanz im Gehirn nimmt ab, weisse Substanz nimmt vorübergehend zu
Als graue Substanz bezeichnet man Anteile des Zentralnervensystems, die aussen am Gehirn liegen und die weisse Substanz umhüllen. Die Zellkörper innerhalb der grauen Substanz nehmen Reize auf und verarbeiten sie. Die Abnahme der grauen Substanz ist aber nicht die einzige Veränderung im Gehirn.
Die Wissenschaftlerinnen haben auch herausgefunden, dass gleichzeitig die tiefer im Gehirn liegende weisse Substanz zunimmt – diese Substanz ist für die Kommunikation der Gehirnregionen zuständig. Die weisse Substanz nahm allerdings nur während der Schwangerschaft zu und bildete sich zur Geburt wieder zurück, während die Abnahme der grauen Substanz noch lange bis nach der Geburt anhält, so die Forschenden. Sie nehmen diese Beobachtung als Hinweis darauf, wie dynamisch das Gehirn in einem kurzen Zeitraum sein kann.
Früherkennung von Schwangerschaftsdepression
Nun soll die Forschung auf eine grössere Gruppe von verschiedenen schwangeren Frauen ausgeweitet werden, um noch stichfestere Erkenntnisse zu gewinnen – mit dem Ziel, früh Warnsignale für Gesundheitsprobleme wie etwa Schwangerschafts- und Wochenbettdepressionen zu erkennen. «Eine Früherkennung ist nach wie vor schwer zu erreichen», so Forschungsleiterin Laura Pritschet. Aber: «Je mehr wir über das mütterliche Gehirn erfahren, desto grösser ist die Chance, dass wir Abhilfe schaffen können.»