Als Mutter habe ich das Gefühl, einen Grossteil meines Lebens in gebückter Haltung zu verbringen. Nicht weil ich mir 24/7 die Schuhe binden muss oder es mich an der Wade kratzt, sondern weil ich permanent Dinge vom Boden aufhebe. Nein, nicht Geld, das auf dem Trottoir auf mich wartet, sondern Zeug, das meine beiden Kinder ständig irgendwo in der Wohnung, vor allem in ihren Zimmern, liegen lassen. Die meisten Eltern da draussen stimmen mir bestimmt zu, wenn ich sage: Es nervt! Überall finden sich kleine Legoteilchen, angeknabberte Bleistifte, Socken. Oder Knäckebrot hinter dem Büchergestell, Kaugummis an der Unterseite der Tischplatte oder gebrauchte Taschentücher im Spalt zwischen Bettgestell und Matratze. Eklig.
Kein Wunder, überkommt mich manchmal die Putz- und Aufräumwut und ich verspüre den Drang, in ihren Zimmern einfach mal wieder Ordnung zu schaffen und alles sauberzumachen. Da dies, seien wir ehrlich, nicht gut klappt, wenn der Nachwuchs zu Hause ist, nehme ich mir die zwei Räume dann vor, wenn sie ausser Haus sind. Für mich toll, alles wieder an seinen richtigen Platz zu räumen und mal ordentlich durchzuwischen. Und wenn die Kinder nach Hause kommen, erwarte ich also schon ein Danke und Herzchen, die mir aus ihren Augen zufliegen. Stattdessen zeigen sie Unverständnis und haben mental Breakdowns.
Undankbare Kinder? Ja, das dachte ich lange auch. Und dann habe ich mir ein paar Gedanken dazu gemacht. Eigentlich ist es unter aller Sau, einfach so in ihrem Zeug zu wühlen. Würde mir ja auch nicht gefallen. In Gegenteil!
Hier drei Gründe, warum wir das künftig bleiben lassen sollten:
Auch wenn ich es kaum glauben kann, meine Kinder fühlen sich wirklich wohl in ihren Zimmern. Wenn ich da wie ein Tornado durchfege, bringe ich ihr System komplett durcheinander. Es ist nichts anderes als ein Eingriff in ihre Privatsphäre, wenn ich ihnen – aus ihrer Perspektive SCHON WIEDER – meine Vorstellungen aufdrücke. Die Spielsachen stehen oft aus einem bestimmten Grund genau in dieser Formation auf dem Boden, und doch habe ich sie einfach in die Kiste geschmissen – Horror! Kinder müssen permanent irgendwelche Erwartungen erfüllen, da wäre es doch nur nett, wenn sie wenigstens einen Ort in ihrem Leben hätten, an dem sie einfach mal selber bestimmen könnten. Als Mutter ist mir wichtig, dass sie sich zu Hause wohlfühlen und auftanken können. Dies klappt logischerweise nicht so gut, wenn ich ihnen immer dazwischenfunke.
Menschen sind verschieden. So, wie ich Dinge auf meine Art mache, sollte ich das öfters mal meinen Kindern zugestehen. Ja, auch was Ordnung angeht. Wenn immer jemand aufräumt, bevor die Kids selber auf diese Idee kommen – und ja, ich weiss: Wie lange wollen sie denn da noch warten, wenn es eh schon aussieht wie Sau? – hilft das nicht wirklich auf dem Weg zu mehr Ordnungssinn. Stattdessen lernen sie, dass Mami oder Papi das schon machen. Und das, liebe Eltern, ist der Teufelskreis, den wir doch so gerne durchbrechen möchten! Oder sie lernen, dass ihre Bedürfnisse weniger zählen als die der Erwachsenen. Und das ist auf lange Sicht sehr gefährlich. Unsere Söhne und Töchter müssen ein Gefühl dafür entwickeln können, in welcher Umgebung sie sich gut fühlen. Und sobald sie nicht mehr wohl sind, müssen sie lernen, was sie selbst dagegen machen können.
Dies ist besonders mit älteren Kindern der Fall: Beim Putzen und Aufräumen entdecken wir Dinge, die wir lieber nicht gefunden hätten. Und ich spreche hier nicht von Drogen und anderen illegalen Substanzen oder Gegenständen. Aber wir alle waren mal jung und das Gefühl, dass die Eltern unsere Briefe, Tagebücher oder sonst welche geheimsten Geheimdinge finden, war auch für uns total unangenehm. Es gibt einfach Sachen, die gehen uns nichts an.
Nun höre ich euch laut schreien: «Aber es muss doch mal wieder aufgeräumt werden!» Und ihr habt recht. Natürlich vertragen die Böden wieder mal eine Runde mit dem Staubsauger, die Bettwäsche einen Wechsel und das Spielzeug eine Ausmistaktion. Das könnt ihr auch so machen:
- Den Kindern ganz klar kommunizieren, an welchem Tag ihr vorhabt, gründlich zu Putzen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Schätze zu verstecken oder ihre Legosachen in Sicherheit zu bringen.
- Sind die Kinder noch klein, räumt man am Besten zusammen auf. Wie wäre es mit einem Aufräum-Lied, das euch hilft, in eine gute Stimmung zu kommen? So fühlt sich die ganze Aktion nicht erdrückend an, sondern vermittelt auch den Kleinsten ein gutes Gefühl.
- Kleine Schritte führen auch zum Ziel: Wir sind erwachsen und wollen gerne alles schnell erledigt haben. Das kann Kinder überfordern. Warum also nicht den Berg an Arbeit aufteilen auf mehrere Tage? Heute sind die Kleider dran, morgen das Spielzeug und danach wird erst gestaubsaugt. Letzteres machen sie auch gerne mal selber – wenn man sie dann lässt.
Noch mehr Tipps für aufgeräumte und entrümpelte Kinderzimmer findet ihr im Dossier zum Thema.