1. Home
  2. Family
  3. Alltag
  4. Unterricht zu Zähneputzen und Mundgesundheit: Was wird in der Schule gemacht?
Wenn die «Zahnputztante» vorbeikommt

Was geschieht beim Unterricht zur Mundgesundheit?

Zähneputzen will gelernt sein! Deshalb kommt in den meisten Schweizer Gemeinden schon im Kindergarten eine Fachperson vorbei und gibt Tipps zur Mundgesundheit. Warum das wichtig ist, wie sich der Unterricht in den letzten Jahrzehnten verändert hat und welches Thema für Diskussionen sorgt.

Artikel teilen

Mundhygiene Mundgesundheit Schule Unterricht

In der Deutschschweiz sind rund 800 Schulzahnpflege-Instruktorinnen in den Schulen unterwegs.

Getty Images

Wer in der Schweiz zur Schule ging, kann sich wahrscheinlich noch an den Mundgesundheitsunterricht erinnern. An das gemeinsame Zähneputzen im Klassenzimmer, die manchmal etwas eklige Zahnpasta und an die «Zahnputztante», die an einem grossen Gebiss zeigte, wie man die Zähne richtig putzt. «Offiziell sprechen wir heute von Schulzahnpflege-Instruktorinnen. Aber viele der Instruktorinnen empfinden auch Kosenamen wie Zahnputztante oder Zahnputzfee nicht negativ», sagt Bettina Richle, Geschäftsführerin der Stiftung für Schulzahnpflege-Instruktorinnen SZPI. Die Stiftung unterstützt Gemeinde- und Schulbehörden in der Förderung der Mundgesundheit, erstellt Unterrichtsmaterial und bildet die Schulzahnpflege-Instruktorinnen aus. Der weibliche Begriff im Stiftungsnamen ist dabei übrigens nicht unberechtigt: Knapp 800 Instruktorinnen in der Deutschschweiz stehen nicht einmal einer Handvoll Instruktoren gegenüber. Oftmals sind es Familienfrauen, die die Aufgabe im Minipensum übernehmen. Ausgebildete Dentalhygienikerinnen, Dental- oder Prophylaxeassistentinnen. Aber auch Personen ohne zahnmedizinische Ausbildungen, die sich über die SZPI-Kurse aus- und weiterbilden.

Fluorid sorgt für Diskussionen

Die Entstehungsgeschichte des Prophylaxe-Unterrichts an Schweizer Schulen ist eng mit einem Forschungsprojekt des zahnmedizinischen Zentrums der Uni Zürich in den 1960er-Jahren verbunden, bei dem die Wirksamkeit von Fluorid gegen Karies belegt wurde. «Damals hatten die meisten Kinder Karies und die Schulzahnkliniken mussten von den Kantonen enorm subventioniert werden», erzählt Bettina Richle. So kam es, dass in immer mehr Kantonen zuerst Freiwillige in die Schulkassen gingen und zeigten, wie man Zähne putzt – und dies zur Kariesprophylaxe auch gleich mit einem fluoridhaltigen Produkt machten.
 

Zur Person

Bettina Richle ist gelernte Dentalhygienikerin und war selber als Schulzahnpflege-Instruktorin in Schulen unterwegs. Heute ist sie Geschäftsführerin der Stiftung für Schulzahnpflege-Instruktorinnen und verantwortlich für die Aus- und Fortbildungen der SZPI.

Heute enthalten die meisten Zahnpasten Fluoride und immer weniger Kinder haben Karies. Trotzdem sorgt ausgerechnet Fluorid immer wieder für Diskussionen. So steht es bei einigen Eltern im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. «Wenn Eltern nicht möchten, dass ihre Kinder mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen, geben sie ihnen einfach eine eigene Zahnpasta von zuhause mit», sagt Bettina Richle. Wegen dem den gesamten Prophylaxe-Unterricht infrage zu stellen, sei aber falsch. «Denn nicht allen Kindern wird von zuhause das gleiche Wissen rund um die Mundgesundheit mitgegeben.» Zudem sei das Zähneputzen zwar heute noch Teil der Schulstunde. Schwerpunkt bilde jedoch das Vermitteln von Kompetenzen zur Erhaltung der Mundgesundheit.

Vom Znüni bis zum Bleaching

Allgemein haben sich die Mundhygiene-Schulstunden in den letzten sechzig Jahren enorm verändert. Längst sind auch diese gemäss Lehrplan 21 strukturiert. Und nicht nur die jeweilige Zahnpasta, auch die Wissensvermittlung ist auf die Altersgruppe ausgerichtet. Neben der Viertelstunde, bei der es ums Zähneputzen geht, lernen Kinder im Kindergarten oder der Unterstufe zum Beispiel in Rollenspielen, wie ein Besuch bei der Zahnärztin abläuft und was dort passiert. Auch einen für die Zähne gesunden Znüni schaut man zusammen an. Ab der zweiten, dritten Klasse gehen die Instruktorinnen detaillierter auf die Hintergründe von Karies und die Zusammensetzung einzelner Lebensmittel ein.

«Am wichtigsten ist sicher der Unterricht der Jüngsten, da dort der Grundstein gelegt wird.»

Bettina Richle

Die SZPI passt ihr Unterrichtsmaterial zudem regelmässig auf neue Themen an. «Softgetränke sind heute zum Beispiel omnipräsent im Alltag vieler Kinder. Deshalb schauen wir mit Schüler und Schülerinnen in der Mittelstufe an, was Softgetränke mit ihren Zähnen machen und wie sie die Inhaltsstoffe auf Etiketten richtig lesen und versteckten Zucker entdecken können», erklärt Bettina Richle. Ein weiteres Trendthema, zu dem die Instruktorinnen immer häufiger von Jugendlichen befragt würden, seien zum Beispiel Informationen zu Bleaching. «Das zeigt, dass unser Unterricht eben auch in der Oberstufe Sinn macht und wir aktuelle Themen aufgreifen und über Vor -und Nachteile aufklären können.»

Je früher, desto besser

Wie oft und bis zu welcher Schulstufe der Prophylaxe-Unterreicht stattfindet, ist jedoch abhängig vom Kanton, teilweise auch der Gemeinde oder Schulgemeinde. «Am wichtigsten ist sicher der Unterricht der Jüngsten, da dort der Grundstein gelegt wird. Deshalb empfehlen wir, im Kindergarten und in der Unterstufe viermal pro Jahr eine solche Stunde einzuplanen und in der Mittelstufe im möglichen Rahmen weiterzumachen. sagt Bettina Richle. Unabhängig davon müsse zuhause die Mundhygiene aber natürlich unbedingt bereits mit dem ersten Zahn beginnen. «In der Schule üben wir anschliessend einfach immer wieder das korrekte Zähneputzen und geben Inputs zu vielen weiteren Mundgesundheitsthemen. Im Idealfall profitieren von denen dann sogar die Eltern, wenn die Tipps von den Kindern nach Hause gebracht werden.»
 

Wie bringe ich mein Kind zum Zähneputzen?

Fünf Tipps von der obersten «Zahnputztante»
  • Gewöhnen: Nutzen Sie schon die orale Phase im ersten Lebensjahr und geben Sie Ihrem Kind ab und zu eine Kinderzahnbürste zum Erkunden.
  • Vorbild sein: Nehmen Sie Ihr Kind beim eigenen Zähneputzen mit ins Badezimmer, setzten Sie sich vielleicht gemeinsam auf den Boden und lassen Sie es zuschauen.
  • Früh beginnen: Ab dem ersten Zahn sollte man mindestens einmal täglich Zähne putzen. Ohne Ausnahme, nur so tritt eine Gewöhnung ein.
  • Nach jeder Hauptmahlzeit: Ab zirka zwei Jahren sollten Kinder nach jeder Hauptmahlzeit die Zähne putzen, das heisst zwei- bis dreimal täglich. Bis das Kind die Putztechnik alleine beherrscht, sollten Eltern ausserdem dessen Zähne einmal täglich nachputzen.
  • Geduld haben: Auch wenn es manchmal mühsam ist: Bleiben Sie dran!
Thomas Bürgisser
Thomas BürgisserMehr erfahren
Von Thomas Bürgisser am 22. Februar 2025 - 07:00 Uhr