Spätestens wenn Sandra Ivankovic, 45, den Holzpenis im Schulzimmer auspackt und neben die Plüschvagina auf den Tisch legt, ist das Eis gebrochen. Kichernd nähern sich die elf- bis vierzehnjährigen Schülerinnen den Gegenständen und halten sie neugierig in die Luft. Und quasseln dann frisch und frei drauflos.
Als Sexualpädagogin besucht Sandra Ivankovic verschiedene Schulklassen. Von der Sek B bis zum Gymnasium. Ziel ihres Unterrichts von drei bis vier Lektionen pro Klasse ist es, dass die Jugendlichen im geschützten Rahmen und ohne Notendruck alles zu Sexualität, Körper und sexueller Gesundheit fragen und diskutieren können.
Im Unterricht sind die Geschlechter getrennt. «Die Hemmschwelle wäre sonst zu gross», erklärt Ivankovic. Sie unterrichtet daher ausschliesslich Mädchen, während Sexualkunde für Buben von ihren männlichen Kollegen übernommen wird. Das Erstaunliche dabei: Die Fragen der Teenager haben sich im Vergleich zu einer Generation vorher kaum geändert. «Es dreht sich immer noch hauptsächlich ums Zwischenmenschliche und um Unsicherheiten in Bezug auf den eigenen Körper», sagt die zweifache Mutter.
Bei den Mädchen ist Thema Nummer eins ihre Menstruation. «Wie merke ich, dass ich die Mens bekomme? Und wie benutze ich einen Tampon?«, wird häufig gefragt. «Viele haben Angst, dass sie quasi von der Mens überfallen werden», erzählt die Sexualpädagogin. Sie erkläre dann die Vorzeichen wie den Weissfluss, der bis zu einem Jahr vor der ersten Blutung einsetzen kann. Ein besonderes Anliegen ist ihr dabei, aufzuzeigen, wie verschieden sich der weibliche Körper entwickelt. Die Spannbreite der ersten Blutung etwa reicht von zehn bis über fünfzehn Jahren. Auch Brüste wachsen unterschiedlich schnell.
Berührungsängste, auch vor heiklen Thema, hat Ivankovic keine. Dazu gehört auch die Selbstbefriedigung. «Das A und O für ein erfülltes Sexleben ist die Liebe zum eigenen Körper. Ich möchte die jungen Frauen dazu ermutigen, ihrem Körper gegenüber offen und lustvoll zu begegnen. Nur wer mit seinen Empfindungen vertraut ist, kann auch darüber reden und seine Bedürfnisse kommunizieren.»
Ein Schwerpunkt der Sexualpädagogin bildet denn auch die Klitoris. «Wir wissen erst seit ungefähr zwanzig Jahren wie die Klitoris genau aussieht und funktioniert.» Noch heute ist dieser weibliche Schwellkörper, der im Unterschied zur Eichel einzig der Lust dient, in vielen Medizin- und Aufklärungsbüchern nicht detailliert aufgeführt.
Entsprechend gering ist das Wissen darüber. Etwa, dass die Klitoris ungefähr zehn Zentimeter gross ist und deutlich mehr Nervenendungen und -fasern als die Eichel aufweist. Und wie reagieren die Mädchen auf dieses Thema? «Meist mit Wäh», erzählt sie lachend. Das mitgebrachte Klitoris-Modell wird dennoch neugierig von allen Seiten betrachtet – ohne jede Scham.