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Empfehlung oder Pflicht?

Wie verbindlich sind eigentlich Altersgrenzen in den sozialen Medien?

Der französische Ex-Präsident Nicolas Sarkozy lässt seine Tochter ein Instagram-Profil führen, obwohl sie das Mindestalter dafür noch nicht erreicht hat. Wie verbindlich und sinnvoll sind Altersgrenzen in sozialen Medien überhaupt? Wir haben bei Pro Juventute nachgefragt.

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Kinder am handy

Spätestens mit dem ersten Smartphone werden die sozialen Medien für Kinder zum Thema. 

Getty Images/Maskot

Giulia Sarkozy ist Pferde-Influencerin. Die Tochter des ehemaligen französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy (69) und der Sängerin Carla Bruni (56) ist noch keine 13 Jahre alt, dennoch führt sie seit mehr als einem Jahr ein Instagram-Profil, das seit Kurzem auch öffentlich einsehbar ist. Die Reitsportlerin nutzt die Plattform als «persönlichen Blog» und für Werbung – obwohl Instagram ein Mindestalter von 13 Jahren für die Profileröffnung angibt.

So umgehen Kinder das Mindestalter auf Social-Media-Plattformen

Giulia Sarkozy ist nicht die einzige Jugendliche, die vor ihrem 13. Geburtstag bereits ein Profil auf Instagram oder einer anderen sozialen Plattform besitzt. Viele Kinder und Jugendliche umgehen die Alterslimite, indem sie einfach falsche Angaben zu ihrem Geburtstag machen.

Eine Kontrolle gibt es nicht. Bei Snapchat beispielsweise, einer der beliebtesten Plattformen unter Kindern und Jugendlichen, heisst es dazu in den Nutzungsbedingungen lediglich: «Unsere Dienste richten sich nicht an Kinder unter 13 Jahren, und du musst bestätigen, dass du 13 Jahre oder älter bist, um ein Konto zu erstellen und die Dienste zu nutzen.» Eine kleine Lüge verschafft also bereits Zugang, mehr ist nicht nötig.

Das Einhalten von Altersgrenzen macht noch keine Medienerziehung

Alles nicht so tragisch? Bei Pro Juventute ist man anderer Meinung. «Pro Juventute empfiehlt, diese Altersangaben ernst zu nehmen und sich an ihnen zu orientieren», so Anja Meier, Verantwortliche für Politik und Medien bei Pro Juventute, auf Anfrage von SI Family.

Allerdings garantiere das Einhalten der Altersgrenzen allein keinen verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien und biete auch keinen verlässlichen Schutz vor möglichen Risiken. «Digitale Medien sind omnipräsent im Alltag junger Menschen. Kinder kommen früh damit in Kontakt, sei es bei Freundinnen und Freunden oder wenn sie Mama und Papa im Alltag beobachten. Das Erlernen der Medienkompetenz beginnt lange vor der Eröffnung des ersten Snapchat- oder Instagram-Kontos», so Meier. Chancen und Risiken digitaler Medien sollten deshalb in der Familie von klein auf und altersgerecht thematisiert werden, empfiehlt die Expertin. 

Wie schlaue Medienerziehung geht, erfahrt ihr in unserem Artikel: «Den Umgang mit Medien kann man lernen».

Macht man sich strafbar, wenn man das Mindestalter ignoriert?

Welche Bedingungen gelten, um ein Profil erstellen zu können, erfährt man in den Nutzungsbedingungen der entsprechenden App oder Plattform. Diese Angaben sind jedoch nicht rechtlich bindend. «Strafbar machen sich Eltern oder Kinder in der Schweiz nicht, wenn sie zu früh ein Konto eröffnen», sagt Meier. Die Accounts können jedoch von den App-Anbietern gesperrt werden, sollten diese feststellen, dass das Mindestalter nicht eingehalten wurde.

«Auch in der digitalen Welt können Eltern aufgrund ihrer Aufsichtspflicht für die Handlungen ihrer Kinder haften.»

Anja Meier, Pro Juventute

Zu Bedenken ist der rechtliche Aspekt laut Meier dennoch. «Auch in der digitalen Welt können Eltern aufgrund ihrer Aufsichtspflicht für die Handlungen ihrer Kinder haften. Pro Juventute rät deswegen davon ab, dass Eltern den Kindern über ihren Erwachsenen-Account Zugang zu digitalen Plattformen gewähren. Besser ist es, das jeweilige Alter abzuwarten.» 

Vorsicht: Ein elterliches Verbot kann zusätzlichen Anreiz schaffen

Eltern sollten ihren Kindern vor Erreichen des Mindestalters die sozialen Medien jedoch nicht einfach verbieten, warnt Anja Meier. «Verbote erhöhen oftmals den Anreiz zur Umgehung und können dazu führen, dass Kinder ihre Erlebnisse verheimlichen.» Besser, als einfach ein Tabu auszusprechen, sei es, sachlich, altersgerecht und konkret zu begründen, warum man nicht möchte, dass das Kind eine bestimmte App nutzt. So könnte diese Erklärung laut Anja Meier lauten: «Auf dieser App hat es Dinge, die für Kinder in deinem Alter gefährlich sind, und es kann sein, dass andere Personen plötzlich Sachen über dich herausfinden, die du geheim halten möchtest.»

Begleitung ist also der Schlüssel zum Erfolg. «Es ist wichtig, dass Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder begleiten und sich gemeinsam darüber austauschen, wie man sich zum Beispiel bei Cybermobbing oder Belästigungsversuchen richtig verhält. So sind Kinder besser gerüstet, wenn sie mit zunehmendem Alter selbstständig online unterwegs sind.»

Close up shot, group of children hands busy using smartphone at school corridor - concept of social media, playing games, technology and education.

Elternfragen zur Medienerziehung beantwortet Pro Juventute mit Ratgebern zum Thema «Medien und Internet» oder in der kostenlosen Elternberatung per WhatsApp, Email oder Telefon. 

Getty Images/iStockphoto

Wie Eltern richtig reagieren, wenn ein Kind sich ausgeschlossen fühlt ohne Social-Media-Konto

Die sozialen Medien dienen dazu, sich zu vernetzen und auszutauschen. Wenn das eigene Kind das Mindestalter für ein Social-Media-Konto noch nicht erreicht hat, aber alle Gleichaltrigen sich bereits über eine Plattform austauschen, fühlt sich das betroffene Kind schnell als Aussenseiter. Dieses Gefühl ernst zu nehmen und dem Kind gegenüber Alternativen anzubieten, sei wichtig, sagt Anja Meier. «Man sollte die Gefühle des Kindes anerkennen und sachlich begründen, weshalb die Eltern nicht möchten, dass das Kind die App oder bestimmte Spiele nutzt. Eltern können auch Alternativen wie gemeinsame Unternehmungen mit Freundinnen und Freunden fördern oder dem Kind die Möglichkeit geben, statt des gewünschten GTA-Spiels einen anderen Vorschlag zu machen.»

Auch sollten Eltern sich über Erfahrungsberichte und Reviews der Apps informieren und selbst einen Einblick gewinnen. «Vielleicht gibt es Alternativen, die für das jeweilige Alter besser geeignet sind und beispielsweise auf dem Familientablet den Austausch mit Gleichaltrigen ermöglichen? Wenn es dann so weit ist, dass Kinder ihr eigenes Nutzerkonto einrichten, raten wir Eltern, sie bei den Einstellungen zur Sicherheit und Privatsphäre zu unterstützen.»

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa vor 4 Stunden