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Fehlgeburt – wie weiter?

«Wir sind wieder bei null mit der Familienplanung»

Nach zehn Wochen bekommt Sarah Mantel plötzlich Blutungen. Kurz darauf hat ihr Ungeborenes keinen Herzschlag mehr. Darauf folgen Erschöpfung, Trauer – und eine Rechnung der Krankenkasse.

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Wädenswil, Schweiz, 2020 Sarah Mantel und Mann

Roman und Sarah Mantel: «Wir können uns auch ein Leben ohne Kinder vorstellen.»

Dominic Nahr / MAPS

Sarah Mantel, 35, aus Wädenswil ZH, ist in der zehnten Woche schwanger, als sie Blutungen bekommt. Ihr Mann Roman, 32, fährt sie ins Spital. Der Ultraschall zeigt, dass das Ungeborene noch lebt. Zwei Tage lang bleibt Sarah im Spital, dann muss sie zu Hause still liegen. Die nächste Untersuchung bei der Frauenärztin zeigt: Das Herzchen des Babys schlägt nicht mehr. Sarah muss ins Spital, um eine Auskratzung vorzunehmen.

«Ein Baby zu verlieren, erinnert uns daran, dass es Dinge im Leben gibt, die man nicht steuern kann.»

Roman Mantel
«Wir fielen aus allen Wolken»

Was dann folgt, teilt sie in drei Phasen ein: «Zuerst war da die totale Erschöpfung. Die Hormone, die Anstrengung – mein Körper musste einiges durchmachen.» Dann kommt die Trauer. Bei Sarah und bei Roman. «Wenn ich mit dem Hund spazieren ging und einen jungen Vater mit Baby im Tragetuch sah, gab es mir schon einen Stich ins Herz», gesteht er. Und dann kommt die Erkenntnis: «Wir sind wieder da, wo wir am Anfang waren. Wir sind wieder bei null in Sachen Familienplanung.»

Und irgendwo dazwischen kommt die Rechnung der Krankenkasse: 2500 Franken müssen sie selbst berappen. Zur Auskratzung kommen zwei Tage Krankenhaus-Aufenthalt. «Wir fielen aus allen Wolken», sagt Roman. Sarah: «Es war, als ob mir jemand sagte, die paar Hormone seien nicht wirklich eine Schwangerschaft gewesen. Als hätten die zehn Wochen, in denen ich mich langsam auf ein Baby einstellte, nicht existiert.»

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Lina Hodel/Grafik SI

Im Gegensatz zu vielen anderen Leuten erzählen Roman und Sarah ihrem engen Umfeld von Anfang an von der Schwangerschaft. Und später auch von der Fehlgeburt. «Ich wurde gefragt, ob ich zu viel Stress hatte», erzählt Sarah. «In unseren Köpfen suchen wir die Ursache einer Fehlgeburt häufig im Verhalten der Frau. Dabei sind es meist genetische Gründe.» Roman: «Ein Baby zu verlieren, erinnert uns daran, dass es Dinge im Leben gibt, die man nicht steuern kann. Gerade in Zeiten, in denen ständig das perfekte Leben zelebriert wird, hat das keinen Platz.» Ende März wäre Sarahs und Romans erstes Kind zur Welt gekommen. «Wir haben es losgelassen und schauen nach vorne», sagt Sarah. Die Erinnerung bleibt.

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 22. Februar 2020 - 18:11 Uhr