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Pro und Kontra

Zwillinge getrennt einschulen – macht das Sinn?

Zwillinge sollten auch individuelle Erlebnisse ansammeln dürfen. Manche Eltern schulen ihre Zwillings-Kinder sogar getrennt ein. Eine Expertin verrät, ob das sinnvoll ist.

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Zwillinge

Wenn der vierte Geburtstag naht, fragen sich viele Zwillings-Eltern: Sollen wir unsere Kinder in getrennte Klassen einschulen?

Getty Images

Manche Zwillingseltern streben bewusst eine getrennte Einschulung ihrer Kinder an. Wissenschaftlich lässt sich daraus kein Vorteil für die Kinder ablesen, sagt Mehrlings-Eltern-Coach Elian Zürcher. Dennoch gilt es, Pro und Kontra abzuwägen. Denn bei der Frage nach gemeinsamer oder getrennter Einschulung von Zwillingskindern spielen verschiedene Aspekte eine Rolle, sagt die Expertin:

«Eine Zeit lang wurden die Vorteile von Trennungen propagiert, Studien konnten jedoch bisher nie zeigen, dass daraus tatsächlich Vorteile entstehen weder hinsichtlich Leistungen noch sozialer Kompetenzen.»

Diese Aspekte spielen eine Rolle

Ein wichtiger Aspekt, den es bei der Einschulungsfrage zu berücksichtigen gilt, ist laut Zürcher die Beziehung unter den Zwillingen und deren Dynamik. «Hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. Es gibt Zwillinge, die haben einen sehr ausgewogenen Umgang miteinander, geniessen ihre Beziehung und können sich aber auch gut auf ihre Aussenwelt einlassen. Sie kommen wahrscheinlich in getrennten, wie gemeinsamen Klassen gut klar.»

Zwillinge, die ihre Beziehung eher als einengend erleben und sich teils sogar gegenseitig ablehnen, könnten getrennte Klassen als befreiend wahrnehmen. «Am schwierigsten dürfte eine getrennte Einschulung für Zwillinge sein, die in einer sogenannt symbiotischen Beziehung zueinander stehen, und einander sehr stark brauchen.»

Oftmals sei auch ein Zwilling der Dominantere und einer der Angepasstere. Hier bestehe für die Eltern die Herausforderung, den richtigen Weg zu finden. Denn obwohl diese Kinder durchaus von individuellen Klassen profitieren könnten, sei der grosse Leidensdruck, der daraus resultieren könnte, zu berücksichtigen. «Dies muss vorsichtig abgewogen werden. Die Eltern sollten ihre Kinder gut begleiten.»

So reagieren Eltern richtig, wenn eine Trennung nicht möglich aber gewünscht ist

Allgemein sollten die Wünsche der Kinder stets mit einbezogen werden, sagt Zürcher. «Allfällige Effekte einer Trennung oder einer gemeinsamen Einschulung sollten im weiteren Familienleben nach Möglichkeit ausgeglichen werden. Beispielsweise wenn die Kinder eigene Klassen wünschen würden, es aber im Dorf nur eine Klasse gibt, kann geschaut werden, wie der Wunsch nach mehr Individualität  Zuhause vielleicht mit eigenen Kinderzimmern oder mit getrennten Sportarten unterstütz werden kann.»

Im Gegenzug sollte man aber auch aufpassen, dass Trennungen nicht erzwungen werden. «Die Forderung von Individualität sollte nicht zu Lasten einer sicheren Bindung gehen. Dies kann gerade für junge Kinder traumatisierend sein, wenn einem das Geschwister als wichtige Bezugsperson genommen wird, ohne dass man dazu bereit war. Hier sind auch andere Aspekte wie die familiäre Situation mit einzubeziehen. Würde beispielsweise ein Elternpaar gerade in Trennung leben, oder die geliebte Grossmutter ist soeben verstorben, dann könnte es gravierende Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Kinder haben, wenn sie in der Schule ohne Einverständnis getrennt würden. Das wären zu viele Beziehungsbrüche, welche gerade kleine Kinder noch nicht richtig einordnen könnten.»

Allgemein sollten Eltern laut Zürcher aufmerksam sein, dass sie eigene Ängste nicht auf ihre Kinder übertragen, sondern neue Situationen positiv und als Chance angehen. «Oftmals präsentieren sich gewisse Sorgen im Kopf der Eltern dramatischer als sie in Realität sind. Positiver Zuspruch und Vertrauen stärken die Kinder, und sie wachsen an eigenen Bewältigungsstrategien.»

Bei den allermeisten Zwillingen kommt der Wunsch nach mehr Individualität früher oder später von selbst. «Diesen sollten Eltern dann wahrnehmen, ernst nehmen und unterstützen.» Hier erfahrt ihr, wie das geht.

Psychologin Elian Zürcher ist Drillingsmutter. In ihrer Praxis in Zug begleitet sie Familien, die ihre Kommunikation und Organisation verbessern wollen. Sie hilft, Beziehungskonflikte zu bearbeiten und Rollenkonflikte zu lösen.

Elian Zürcher
ZVG

Speziell für werdende Eltern von Zwillingen und Drillingen bietet Elian Zürcher Kurse zur Vorbereitung auf die Geburt und das Familienleben an.

Von KMY am 21. April 2021 - 07:09 Uhr