Okay. Einatmen. Ausatmen. Denn schon beim Schreiben dieser Zeilen wird mir flau in der Magengegend. Mein Sohn ist gerade mal 19 Monate alt und kann GOTT SEI DANK noch nicht alleine raus in die grosse weite Welt. Nun, sind wir ehrlich: Die Zeit fliegt. Das Kind wird schon gefühlt morgen zum ersten Mal alleine zum Supermarkt wollen. Und wir werden es lassen müssen. Gott sei Dank ist unser Bäcker des Vertrauens nur zwei Gehminuten und keine schwer befahrene Strasse entfernt. Und dennoch kann ich mir vorstellen, dass ich dem Kind heimlich folgen werde. Im langen Mantel mit Kapuze.
Wir leben in dem Zeitalter, in dem wir halt leben und in dem Pornografie völlig normal ist. Logisch also, dass unsere Kids früher oder später mit hartem Porno in Berührung kommen. Und das wahrscheinlich noch lange bevor sie ihr erstes, hoffentlich sehr romantisches und herziges, Mal erlebt haben. Ich kann nur beten, dass mein Bub keine Tierpornos oder sonst was Abartiges auf dem Pausenplatz zu Gesicht bekommt. Und wenn schon, kann mir mal jemand die Nummer einer sehr guten Psychologin geben? Nicht für das Kind, nein, für mich! Danke.
Wenn wir schon beim Sex sind... Mir ist sehr bewusst, dass mein Kind Sex haben wird. Und wenns nach mir kommt, dann wird es keine Probleme haben, diesen in seinem Kinderzimmer zu zelebrieren. An dieser Stelle tausend Sorry, liebe Mama, werter Papa. Jetzt kann ich erst nachvollziehen, wie ätzend nur schon der Gedanke ist. Geschweige denn die Geräusche. Zum Glück habe ich noch etwas Zeit, um mir den allerbesten Pamir der Welt zu besorgen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will hier nicht die ganze Zeit auf dem Sex rumreiten (Höhö), aber ich mache mir halt Gedanken. So auch über die feuchten Träume, mit denen sowohl mein Sohn als auch ich konfrontiert sein werden. Als Ex-Teenagerin gehe ich nämlich davon aus, dass der Bub seine Bettwäsche nie selber wechseln wird, also werde ich das irgendwann entnervt machen und dabei.. ach, Sie wissen schon!
Ich erinnere mich enorm gut an meinen ersten Alkohol-Absturz. Das war an meinem 17. Geburtstag. Ich war so betrunken, dass mich meine Eltern schon sehr früh (!) von meiner Open-air-Party am See holen mussten. Ich hab mir gefühlt alle Eingeweide ausgekotzt, während meine Mutter einen feuchten Lumpen an meine Stirn hielt und mein Vater ständig neue Schüsseln brachte, in die ich mich übergeben konnte. Das war herzig. So will ich es auch machen. Ich hoffe sehr, dass es auch bei meinem Kind so harmlos enden wird. In meiner manchmal etwas hysterischen Mama-Vorstellung sehe ich das Kind nämlich schon mit einer Alkoholvergiftung im Spital liegen. Uff.
Manchmal sehe ich diesen doofen Joint, an dem mein Sohn garantiert irgendwann zum ersten Mal ziehen wird, riesengross auf mich zukommen. Es ist so wie in einem fiesen Albtraum. Hoffentlich wirds nur CBD sein. Also Gras, das das Kind nicht komplett stoned irgendwo rumliegen lässt. Oder wenn ich enorm grosses Glück habe, ist das kiffen in 13, 14 Jahren so dermassen out, dass mein Sohn tatsächlich nie nur schon in die Versuchung kommt, eine Tüte zu rauchen. Ein befreiender Gedanke. Sehr schön. Einmal tief einatmen bevor es weitergeht.
Er wird in den Flieger steigen, während ich daheim sitze und heule. Nicht weil ich meinem Sohn seine ersten Ferien ohne meinen Partner und mir nicht gönnen kann, im Gegenteil. Ich werde sicher stolz auf ihn sein. Dann wird mir aber wieder einfallen, dass uns viel zu viele Kilometer trennen und ich nichts tun kann, wenn er in irgendwelchen Clubs auf Aya Napa oder Mallorca oder von mir aus Gran Canaria zu viel trinkt und viel zu wenig isst. Ausserdem wir er sich einen fetten Sonnenbrand holen, weil er NIE daran denken wird, sich einzucrémen. Steh mir bei, lieber Gott!
Ich weiss genau noch, wie sich die erste Autofahrt nach bestandener Autoprüfung anfühlt. Es ist ein bisschen wie Russisch Roulette. Man macht biz was und macht vieles falsch und kann einfach nur hoffen, dass man die Fahrt nicht nur überlebt, sondern dass man auch keine bleibenden Schäden davon trägt. Ich habe gefühlt jetzt schon einen, wenn ich an meinen Sohn und an diese Fahrt denke. Ich kann nur hoffen, dass er in Sachen Autofahren ganz nach seinem Dad kommt. Der ist ein enorm guter und vorsichtiger Fahrer.
Mir ist völlig egal, ob unser Sohn irgendwann eine Freundin oder einen Freund nach Hause bringt. Love is Love und solange er glücklich ist, will ich es auch sein. In der Theorie zumindest. In der Praxis kann ich mir vorstellen, dass ich zum einen eifersüchtig sein werde und zum anderen ganz sicher sein werde, dass sowieso kein Mensch gut genug für MEIN wunderbares Baby sein wird. Lege ich hier grad den Grundstein zu meinem Schwiegermonster-Dasein? Verdammt!
Wenn ich es mal wieder besonders anstrengend finde mit dem wilden Buben daheim, denke ich an seinen Auszug in rund 18 Jahren. Wie schön das sein wird. Nicht mehr die ganze Zeit kochen, bespassen, früh aufstehen, you name it! Spinne ich den Gedanken aber nur zehn Sekunden weiter, stürzt mich der Gedanke an den Auszug meines wunderbaren Buben massiv ins Elend. Wie leise es sein wird. Und wie viel zu aufgeräumt. Und sowieso und überhaupt ... aber hey, vielleicht haben wir ja Glück und das daheim wohnen bleiben bis 40ig wird cool, you dreamer!