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Quer durch die Schweiz

Adrian Amstutz entdeckt mit seinen Enkeln die Natur

Nach 16 Jahren im Nationalrat hört das Schwergewicht der SVP, Adrian Amstutz, auf. Hoch über seiner Heimat am Thunersee beweist Ätti seinen Enkeln auf einem Ausflug, dass man im Leben stets eine Brücke findet – auch wenn diese mal schlingert und durchhängt. Etappe 7: Von Interlaken nach Spiez.

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Quer durch die Schweiz Adrian Amstutz Etappe 7

«Ätti, hilf mir!» Adrian Amstutz nimmt Enkel Lyo huckepack. Derweil staut Gjan den Grönbach im Justistal.

Kurt Reichenbach

«Gehts eigentlich noch, Ätti, bei der Hitze trägt man doch kein langes Hemd!» Lyo schlägt theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen. Ätti, mit bürgerlichem Namen Adrian Amstutz, 65, schmunzelt und nimmt seinen Rucksack. Merke: Ein Amstutz hat (Kleider-)Stil – überall. Er weiss, dass das Kurzarmhemd gemeinhin als Montur des Bürospiessers verspottet wird. Nun – Lyo kann noch einiges lernen von seinem Ätti.

An diesem Nachmittag geniesst der SVP-Nationalrat zusammen mit seiner Frau Esther, 64, und den zwei jüngsten Enkeln Gjan, 11, und Lyo, 8, die Umgebung von Sigriswil am Thunersee. Hier ist er geboren und aufgewachsen, hier lebt er noch immer.

Erste Station: die 340 Meter lange Hängebrücke von Sigriswil nach Aeschlen. Nun tut sich ein Blick auf – man möchte am liebsten zum Pinsel greifen: Der Niesen thront wie ein Wächter über dem Thunersee, im Dunst der Sonne werden seine Kanten ganz weich. Adrian Amstutz läuft zügig los, die Familie hinterher.

Merke: Ein Amstutz geht schnurstracks geradeaus.

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Etappe 7 – Rund um den Thunersee: Mit dem Bus fährst du von Interlaken dem Thunersee entlang zur Haltestelle Beatushöhlen. Von hier führt ein Spazierweg (10 Minuten) zum Höhleneingang. Danach gehts mit dem Dampfschiff nach Spiez. Wie wärs mit einer Sonnenuntergangsfahrt?

Schweizer Illustrierte
«Adrian geht für seine Überzeugungen mit dem Kopf durch die Wand»

Nicht der Weg, sondern das Ziel sei das Ziel, ist sein bekannter Leitspruch – auch hier 182 Meter über der Gummischlucht. Kurze Zeit nach seiner Wahl in den Nationalrat 2003 kam er bereits in die nationale Parteileitung. Dort zog er über die Jahre immer mehr die Fäden der SVP. Im Herbst will er seine Partei als Wahlkampfleiter erneut zur stärksten politischen Kraft im Land machen. Dann tritt er zurück.

Nächster Halt ist jetzt aber erst mal: das wildromantische Justistal. Ein Becken zwischen den steil aufragenden Flanken des Sigriswilergrats und dem Niederhorn, bekannt für den alljährlichen Chästeilet und die Rothirschbrunft im Herbst.

Esther kühlt ihre Füsse im glasklaren Grönbach. «Es ist Zeit, dass Adrian aufhört», sagt sie. Er wolle immer alles perfekt machen – «das ist sehr anstrengend». Ausserdem sei ihr Mann ein richtiger «Stützu», einer, der für seine Überzeugungen mit dem Kopf durch die Wand gehe. «Man kann dem auch gradlinig sagen», wirft er ein.

Merke: Ein Amstutz hat seinen eigenen Gring.

Quer durch die Schweiz Adrian Amstutz Etappe 7

Bissfest: Adrian und Esther Amstutz mit den Enkeln Gjan (hinten) und Lyo – die Cervelats sind kurz vor verkohlt.

Kurt Reichenbach

«Hunger», rufen die Buben. Im Justistal sind die wenigen kleinen Brätlistellen verstreut, als hätte ein Riese sie mit der Schaufel über das Land geworfen. Etwas ratlos schichten Gjan und Lyo Holzscheite aufeinander. Er habe noch nicht oft ein Feuer in der Natur gemacht, sagt Gjan. «Ich interessiere mich mehr für Breakdance und solche Sachen.» Und schon vollführt er den «Floss Dance», den Zahnseidentanz, der im letzten Sommer auf Schulhöfen eine regelrechte Manie war. Ätti freuts.

Die Glut ist da, nun müssen die Cervelats präpariert werden. «Chömet, Giele», ruft Amstutz. Sie kommen, aber widerwillig. Es ist 30 Grad, vor dem lodernden Feuer noch ein Stück heisser.

Merke: Einem Amstutz ist nichts zu heiss.

Quer durch die Schweiz Adrian Amstutz Etappe 7

Im Hoch: «Von nirgends ist der Niesen schöner» – Adrian Amstutz auf der Hängebrücke bei Sigriswil am Thunersee.

Kurt Reichenbach
Seine Enkel haben keinen blassen Schimmer

Amstutz ist bekannt für klare, harte Worte. Manchmal brauche es die Motorsäge, um den dichten Bürokratiedschungel zu lichten – da reiche die Nagelfeile nicht. Mit dieser Aussage hat Amstutz bereits als Berner Grossrat für Aufsehen gesorgt. Aber er schont auch die eigene Partei nicht: Als Fraktionspräsident hat er Abweichler strikt auf Parteilinie gebracht. Seine Gegner achten ihn als einen, der Wort hält.

Wissen die Buben eigentlich, warum ihr Ätti im Fernsehen auftritt? «Keeeine Ahnung», sagt Lyo schelmisch, «ich frage mich auch immer, was er dort macht.»

Merke: Ein Amstutz (auch ein kleiner) klopft Sprüche – ohne Pardon!

Quer durch die Schweiz Adrian Amstutz Etappe 7

Alter Knabe: Über 40 Jahre buckelt Adrian Amstutz diesen Rucksack schon – noch immer mit Stolz!

Kurt Reichenbach

Nicht immer kommen sie an. Amstutz war Drittklässler, als Esther im gleichen Schulzimmer in die erste Klasse kam. Er wusste schon damals: sie oder keine. Aber Esther stieg nicht ein auf seine Sprüche. «Und dann kurvte er auch noch so aufgeplustert mit dem Velo vor mir herum.» Es nützte nichts. Aber Amstutz blieb beharrlich. «Nach der neunten Klasse kam dann endlich das erste Echo.»

Merke: Ein Amstutz gibt nicht auf.

Quer durch die Schweiz Adrian Amstutz Etappe 7

Sattelfest: Welche hängen runter – Stalaktiten oder Stalagmiten? Adrian Amstutz kennt die Antwort.

Kurt Reichenbach
«Ich möchte nicht mehr ständig unter Strom stehen»

Nun sind Esther und Adrian seit 45 Jahren verheiratet. Sie haben drei Kinder und fünf Enkel – Gjan und Lyo sind die Buben der zweitältesten Tochter, Evelyne, 41. Sie hätten es gut miteinander, sagt Esther. «Natürlich mussten wir Herausforderungen meistern, aber das schweisste uns zusammen.» Man merkt das. Wie sie einander necken. Umsorgen. Berühren. Da begegnen sich zwei Menschen auf Augenhöhe, auch wenn einer lauter poltert.

Letzte Station: die Beatushöhlen. Seit über 100 Jahren sind sie für Besucher zugänglich – und seit Neustem mit LED-Licht beleuchtet. Zehn Grad. Was für eine Wohltat an diesem heissen Tag!

Merke: Ein Amstutz steht ständig unter Strom.

Amstutz sieht seine Kinder und die Enkel oft, sie wohnen nicht weit voneinander. Wenn er nicht mehr Nationalrat ist, wird er neben seiner Baufirma noch mehr Zeit für seine Familie haben, für gemeinsame Skitage, Bike- und Bergtouren – könnte man denken. «Wir werden sehen», sagt Esther. «Doch, doch, ich möchte nicht mehr ständig unter Strom stehen», sagt er. «Aber ich habe gemerkt, das muss ich erst noch lernen.»

Merke: Ein Amstutz merkt auch alles.

Weitere Etappen gibt es im Dossier «Quer durch die Schweiz» zu lesen.

Von Michelle Schwarzenbach am 17. Juli 2019 - 15:01 Uhr